(Minden) Die im Jahr 2017 begonnene, aufwändige Sanierung und Modernisierung des Mindener Rathauskomplexes steuert auf ein vorläufiges Ende zu.
Das Projekt wird nach einem Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses – mit dem Ende des zweiten Bauabschnitts in diesem Jahr – zunächst abgeschlossen. Die bereits begonnene Fassaden- und Dachsanierung am Gebäude „Alte Regierung“, für die es rund 600.000 Euro Fördermittel des Bundes aus einem Denkmalprogramm gibt, wird weiter umgesetzt.
Es wird nun eine Pause bis voraussichtlich Anfang 2026 eingelegt, weil das Projekt die vertraglich vereinbarten Bauzeiten überschritten hat. Das hieße bei einer unveränderten Fortführung des Projekts, dass sich künftige Arbeiten weit in Länge ziehen könnten und dann auch noch teurer werden könnten, erläuterte der Beigeordnete für Finanzen und Gebäudewirtschaft, Norbert Kresse. Der dritte Bauabschnitt, für den die Planungen weit fortgeschritten sind (Leistungsphase 5), solle daher ab 2026 als neues Projekt in Eigenregie der Stadt Minden starten. Das betrifft die drei Gebäudeteile am Großen Domhof.
Der in den 1970er Jahren entstandene Rathaus-Neubau – auch Deilmannbau nach dem Architekten Harald Deilmann genannt – soll voraussichtlich im Herbst 2024 komplett fertiggestellt sein. Zukünftig sollen auch die Innenhöfe hinter dem Rathaus umgestaltet werden.
Der Konferenzbereich, in dem künftig Sitzungen und Besprechungen laufen sowie Fachausschüsse und die großen Fraktionen tagen können, ist nun von der Bauordnung abgenommen und kann ab sofort genutzt werden. Alle fünf Sitzungsräume im Erdgeschoss und auch drei andere im Rathaus habe keine Nummern mehr, sondern nun Namen wie „Weser“ und „Bastau“, „Fischerstadt“, „Buttjer“ und „Weserspucker“, „Dom“, „Markt“ und „Scharn“. Für nichtöffentliche Tagungen genutzt werden kann auch die „Tonne“ unter dem historischen Rathaus. Diese ist nicht barrierefrei erreichbar.
Es gibt eine weitere gute Nachricht, auf die die Mindener lange warten mussten: In der Rathaus-Tiefgarage kann seit dem 18. April wieder geparkt werden. Wie Beigeordneter Kresse im Haupt- und Finanzausschuss am 11. April mitteilte, ist die Freigabe durch die Bauordnung erteilt worden, so dass am 18. April die Tiefgarage an die Betreiberin, die Mindener Parkhaus GmbH, übergeben werden konnte.
Die Sanierung der Tiefgarage war aufwändig. Hier musste unter anderem der mit Chlorid belastete Beton ausgetauscht, die Decke saniert sowie in den Brandschutz investiert werden. In der letzten Phase verzögerten sich hier die vorgeschriebenen technischen Abnahmen und Mängelbeseitigungen. Rund 100 innenstadtnahe Stellplätze stehen ab sofort wieder zur Verfügung.
Nach den Sommerferien wird angestrebt, die sanierte und neugestaltete Bürgerhalle, in die die Tourist-Information und das gesamte Team der Minden Marketing GmbH einzieht, wieder zu öffnen. Die Halle soll künftig „die Visitenkarte Mindens“ sein, wünscht sich Beigeordneter Kresse. In die Bürgerhalle werden moderne Eichenmöbel, Info-Inseln, ein großes, interaktives Stadtmodell, eine Kulturzeile, eine digitale Poster-Leinwand, Treppen-Sitzmodule sowie Aufenthaltsbereiche mit Lademöglichkeiten für mobile Geräte einziehen. Mit der Fertigstellung stehe dann auch wieder die zentrale Information und der Haupteingang des Rathauses am Kleinen Domhof zur Verfügung.
Der Eingang Markt 1 im historischen Rathaus ist seit Mitte Dezember 2023 wieder geöffnet. Der sanierte, große Rathaussaal aus den 1950er Jahren kann für besondere Veranstaltungen bereits länger wieder genutzt werden. Die Stadtverordnetenversammlung tagte hier erstmals nach sechs Jahren am 30. November 2023 wieder. Auch das Trauzimmer im 1. Obergeschoss des historischen Rathauses soll bald wieder für Eheschließungen genutzt werden können.
Die Fraktionen im Rat der Stadt konnten ebenfalls im Dezember 2023 ihre Geschäftszimmer im 4. OG des historischen Rathauses beziehen. Hier gibt es auch zwei Besprechungsräume. Alle Räumlichkeiten im historischen Rathaus sind – bis auf die „Tonne“ im Untergeschoss – nach dem Einbau eines neuen Aufzuges barrierefrei erreichbar. Das historische Rathaus ist seit Dezember 2023 von außen beleuchtet. Auch der übrige Komplex wird künftig angestrahlt. Für die „konzeptionelle Beleuchtung“ des Rathausquartiers sind Städtebaufördermittel in Höhe von 530.000 Euro bewilligt worden.
Insgesamt geht es nach zeitweiligen Stillständen auf der Großbaustelle während der Corona-Pandemie 2020 und 2021 sowie größeren Material-Engpässen und Baukostensteigerungen – infolge der vielen globalen Krisen – im Rathaus-Komplex sichtbar und weiter gut voran. Fast alle Gerüste, Bauzäune und Verkleidungen außen sind verschwunden. Beigeordneter Kresse zeigt sich daher zum großen Projekt-Sachstandsbericht im jüngsten Haupt- und Finanzausschuss zufrieden. Bauen im Bestand sei immer mit Risiken verbunden, Bauen in einem komplett unter Denkmalschutz stehenden Komplex noch mehr. Allein 30 Planänderungs-Testate seien in der laufenden Bauphase bearbeitet worden, so Kresse in seinem Rückblick.
In der Bauphase gab es – trotz 180 Bauteilöffnungen im Vorfeld – zahlreiche „Überraschungen“, wie statische Probleme im historischen Rathaus und im Anbau des Bürgerbüros, Schadstoffbelastungen in den Verkleidungen des Rathaus-Neubaus, auszugleichende Versprünge im Erdgeschoss des Neubaus, viele Umplanungen und mehr Technik. So hätten als Beispiel andauernde Krisen dazu geführt, dass für einen Notbetrieb des Rathauses zusätzliche Flächen mit einer Notstromversorgung auszustatten waren, so Kresse. Die Bauzustände in den unterschiedlich alten Gebäudeteilen (13. bis 20. Jahrhundert) seien problematisch gewesen. Es gab weitere Auflagen des Denkmalschutzes, des Brandschutzes, des Arbeitsschutzes und auch des Datenschutzes.
Nach derzeitigem Stand seien Arbeiten und Material in Höhe von rund 43,1 Millionen Euro beauftragt, so Kresse. Er rechne mit abschließenden Gesamtkosten für die ersten beiden Bauabschnitte in Höhe von knapp 45 Millionen Euro. 2018 standen in der ersten Entwurfsplanung 37 Millionen Euro – energetische Maßnahmen in Höhe von 2,5 Millionen Euro waren hinzu gekommen. Im Mai 2019 lag die Planungssumme bei 41,9 Millionen Euro.
Bei einer unveränderten Fortsetzung des Projekts würden Gesamtkosten zwischen 52,5 und 54,3 Millionen Euro erwartet, sagt Kresse und weist darauf hin, dass diese Prognose unsicher ist, weshalb jetzt empfohlen wurde, den dritten Bauabschnitt ab 2026 in Eigenregie durchzuführen. 3,29 Millionen Euro plus ein Nachschlag von 366.000 Euro sind an Zuwendungen aus Städtebaufördermitteln in den Rathauskomplex für die Umsetzung der Barrierefreiheit und energetische Sanierungen geflossen. Mit 600.000 Euro wird die Sanierung von Dach und Fassade der „Alten Regierung“ gefördert.
Sowohl Beigeordneter Kresse als auch der Fachbereichsleiter für Personal und Organisation, Andreas Fabry, sowie Vertreter der Politik hoben hervor, dass der deutlich längere Projektverlauf – eigentlich sollte Ende 2022 alles fertig sein – auch zu großen Belastungen der Mitarbeiter im Rathaus und für die Bürgerinnen und Bürger geführt habe. Man musste sich seinerzeit zu „Bauen im Bestand“ entscheiden, weil 400 Mitarbeiter nicht zeitgleich umgesiedelt werden konnten. Das habe über Jahre „leider zu Lärm, Staub, Gerüchen, Zusammenrücken und Platznot geführt“, erklärte Fabry. Das sei sehr belastend gewesen und so könne die Nachricht, dass spätestens Ende 2024 die Baumaßnahme vorerst pausiere, für die Kollegen auch ein Stück weit die Gelegenheit zum „Durchschnaufen“ sein.
Arbeitsplatzbedarfe für Rathausstandorte haben sich erhöht
Zu den Flächenbedarfen und der Büroraumplanung unterrichtete Fachbereichsleiter Fabry am 7. März die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses, der auch für Personalangelegenheiten zuständig ist. Mit dem Planungsstand Anfang Januar 2018 sei der Bedarf von 461 Arbeitsplätzen im Rathaus und 84 externen = gesamt also 545 ermittelt worden. Dies habe die zugewachsenen Arbeitsplatzbedarfe bis einschließlich 2020 abdecken können. Die Stellenzuwächse der Jahre 2021 bis 2023 hätten Mehrbedarfe von 87 Arbeitsplätzen ergeben. Insgesamt sei momentan 634 zu stellenden Arbeitsplätzen auszugehen, 428 befinden sich künftig im Rathauskomplex – anstelle der ursprünglich vorgesehen 461.
Hier habe man Arbeitsplätze im Dachgeschoss des Gebäudeteils vor den Kanonen (Stadthaus) und durch den notwendig gewordenen Abriss des eingeschossigen Teils des Bürgerbüros eingebüßt. Dieses hatte in beiden Fällen statische Gründe gehabt, so Fabry. Den Rest von 206 Arbeitsplätzen müsse man insoweit an externen Standorten bereitstellen. Das sind derzeit die ehemalige Stadtsparkasse am Kleinen Domhof, das Gebäude Domstraße 2 (Deutsche Bank), Räume in der Techniker-Krankenkasse an der Lindenstraße, das Stiftungshaus Deichhof und das Gebäude Marienglacis 9.
Die Stadt Minden hat rund 1.300 Beschäftigte, zu denen auch Mitarbeiter bei den Städtischen Betrieben Minden, in Kitas, in Jugendhäusern, in den Quartieren, an Schulen (Sekretariat und Hausmeister), bei der Feuerwehr und im Rettungsdienst sowie in den Kulturinstituten (Stadttheater, Bibliothek, Kommunalarchiv) gehören, so dass sich nur ca. die Hälfte der Arbeitsplätze im Rathaus und in den Verwaltungs-Außenstellen befindet. Künftige Mehrbedarfe wolle man durch „Desk-Sharing“-Effekte (Teilen eines Schreitisches) kompensieren, so Fabry. Hierfür sollen primär die Möglichkeiten von Telearbeit/Home-Office genutzt werden.
(pr/Fotos: Stadt Minden/Mindener Parkhaus GmbH)