(Stadthagen) Wie geht es beim Automobilzulieferer Faurecia in Stadthagen weiter? Die Sondierungsrunden laufen bereits. Erst nachdem alle Fragen von der Arbeitnehmervertretung an das Unternehmen geklärt sind, starten die Verhandlungen für einen Sozialplan und Interessenausgleich. Einige Beschäftigte konnten bereits neue Arbeitsplätze finden. Laut einem Bericht des NDR sind am Standort in Stadthagen 236 Menschen beschäftigt.
Um sich vor Ort ein Bild zu machen, trafen sich die heimische Bundestagsabgeordnete Marja-Liisa Völlers und der Schaumburger Landtagsabgeordnete Jan-Philipp Beck zum Gespräch und anschließender Werksbesichtigung mit Alexander Sibum (Werksleiter Faurecia Autositze), Heike Rinne (HR-Direktorin), Kai Hensel (Betriebsratsvorsitzender) und Ali Yilmaz (Betriebsrat). Die Eindrücke veröffentlichten sie jetzt in einer Pressemitteilung.
„Im Grunde genommen bietet der Standort Stadthagen bestmögliche Voraussetzungen“, erklärt Kai Hensel bei der Werksbesichtigung. Man sei flexibel in Fläche und Produktionsmöglichkeiten und könne auf ein hochmotiviertes und sehr gut ausgebildetes Team zählen. Zudem habe das Werk eine günstige Verkehrslage, die bei vielen Auftragsvergaben Voraussetzung sei. Es konnten für den Standort leider dennoch keine Folgeaufträge gewonnen werden, wenn auch einzelne Gespräche derzeit noch liefen, ergänzt Alexander Sibum als Werksleiter. Jeder hier vor Ort bemühe sich, Wege zu finden, um doch noch neue Aufträge zu generieren. „Da die Zeit drängt, gilt es nun jeden Strohhalm zu greifen, den wir kriegen können“, so Kai Hensel. Am 30. Juni laufe die Produktion des VW T6 aus, so dass ohne neue Aufträge kein Erhalt der Arbeitsplätze möglich sei.
Folgeaufträge für die Zeit nach der Produktion des VW T6 fehlen
Bei der anschließenden Werksbesichtigung im Bereich Autositze und Automobiltechnik zeigten sich die Mandatsträger beeindruckt. „Das Werk bietet alles, was man von einer hochmodernen Produktionsstätte erwartet“, so Jan-Philipp Beck. Besonders die Roboter und die führerlosen Transportsysteme, die hier zum Einsatz kommen, haben Beck und Völlers positiv überrascht.
„Der Kontakt zwischen Menschen und Auto findet zum großen Teil über den Sitz statt,“ so Heike Rinne. Umso anspruchsvoller sei auch dessen Fertigung, denn hier ginge es ja nicht rein um den Komfort, sondern um bestmögliche Sicherheit. „Auf sogenannte Nischenproduktion sind wir hier spezialisiert“, erklärt Rinne. Wir haben hier das Knowhow und die Ausstattung, um auch schnell und flexibel Hilfsprojekte übernehmen zu können, wenn anderenorts die Kapazitäten nicht vorhanden seien. „Für den VW T6 Camper fertigen wir so circa 60 Sitzbänke am Tag, mit insgesamt 4000 Einzelteilen“, erklärt Kai Hensel. Diese Hightech-Ausstattung ermögliche es aber auch, andere Aufträge in der Metallverarbeitung übernehmen zu können, ergänzt Alexander Sibum. Man sei hier grundsätzlich auch offen für neue Geschäftsfelder, um den Standort Stadthagen erhalten zu können.
„Da blutet einem das Herz, zu sehen wie eine so hochmoderne Produktionsstätte zum großen Teil aufgegeben werden soll“, so Marja-Liisa Völlers. „So viele ältere Mitarbeitende sind hier eng verwurzelt mit dem traditionsreichen Unternehmen und können auf jahrzehntelange Berufserfahrung zurückblicken. Dazu gibt es auf der anderen Seite sehr viele junge Mitarbeitende, die ebenfalls mit großem Engagement und viel Freude hier arbeiten“, so die heimische Abgeordnete. „Wenn man hier durch das Werk geht, merkt man an jeder Ecke das gute Arbeitsklima“, resümiert auch Jan-Philipp Beck den Faurecia-Besuch.
Mit dem 30.6. habe man natürlich ein enges Zeitfenster, um noch etwas bewirken zu können, merkt der Landtagsabgeordnete Beck an. „Wenn wir zum Beispiel die Garantie für einen Auftrag ab 1. Januar 2025 hätten, ließe sich die Zeit hier für die Beschäftigten durch Kurzarbeit überbrücken“, so der Betriebsratsvorsitzende Kai Hensel. „Aber wenn die Leute erstmal weg sind, können wir hier auch später nicht so leicht wieder in Produktion gehen.“ Dann sei das Aus für den Standort fast schon besiegelt.
Daher gelte es nun, schnell und mit größtmöglicher Unterstützung für neue Aufträge zu sorgen. Völlers und Beck werden dies aktiv begleiten und ebenfalls ihre Gesprächskanäle nutzen. „Wir hoffen, dass der Forvia-Geschäftsführung in Frankreich klar ist, wie tief verwurzelt ihre Tochterfirma Faurecia hier bei uns in Stadthagen ist“, so die SPD-Politiker. Diese Entscheidung habe nicht nur wirtschaftliche Auswirkungen, sondern auch soziale Konsequenzen für unsere Region, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen, so beide abschließend. (pr)