„Faszinierend, wie klein die alle sind“: Frank Suchland hört Ende Januar als Schulleiter in Evesen auf
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(Evesen)  Seit zehn Jahren ist Frank Suchland der Kopf der Eveser Grundschule – und neben dem Hausmeister auch ganz nebenbei der einzige Mann im Kollegium. Doch Ende Januar 2024 ist damit Schluss – der Schulleiter wird sich zur Ruhe setzen, um sich noch mehr seinen kreativen Tätigkeiten zu widmen. Mit uns blickt er zurück auf bewegte Jahre an der Grundschule Evesen, die von der Pandemie und zuletzt von Brandschutzmängeln und einer anstehenden Sanierung geprägt waren.

Diese anstrengenden Jahre haben sich in das Gedächtnis gegraben – dennoch weiß Suchland sich auch an viele schöne Momente zu erinnern. Die erste Überraschung erlebte er gleich bei seinem Start an der Grundschule, damals noch als Konrektor und Lehrkraft in der Grundschule im Petzer Feld. Dazu muss erwähnt werden, dass Suchland Deutsch und Religion auf Lehramt für höhere Jahrgänge der Hauptschule studierte und dort auch eine Weile arbeitete. „Ich bin da vorbelastet: Meine Mutter ist Grundschullehrerin und beide Großeltern waren Lehrer. Das ist eine gewisse Familientradition geworden.“

In die Kleinen hineinversetzen

Als das Angebot der Grundschule kam, schlug er kurzerhand ein, um dann am ersten Schultag festzustellen: „Als ich das erste Mal vor den Grundschülern, war das wirklich ein Ereignis. Faszinierend, wie klein die doch sind.“ Das mit diesen kleinen Menschen auch ganz anders zu verfahren und zu unterrichten ist als mit größeren Schülern, wurde ihm auch schnell da. Auf die Anweisung „seid bitte in 20 Minuten damit fertig“ erntete Suchland von den Grundschülern nur skeptische Blicke, die aussagten: „Und was soll das jetzt heißen?“. „Bei den Kleinen muss man sich viel mehr hineinversetzen, denn sie haben noch einen ganz anderen Blick auf die Welt. Man muss umdenken und sich in die Welt der Kinder zurückdenken“, so der Schulleiter retrospektiv. Das hat aber schnell gut geklappt, heute weiß er daher aus dem Effeff, wie er „seinen“ Flohzirkus aus hunderten Schülern zu bändigen hat. „Ich erinnere mich gut an die eigene Kindheit, daher ist mir das doch leicht gefallen. Und hat mir so großen Spaß gemacht, dass ich dabei geblieben bin.“

Lieber Musik- als Textilunterricht

Unterrichten müssen Grundschullehrer alle Fächer – das gilt auch für Schulleiter. Doch natürlich hat hier auch jeder seine individuellen Vorlieben. „Musik mache ich sehr gerne, Textil eher weniger“, gibt er zu. Auch wenn ihm der Handarbeitsunterricht wohl nicht fehlen wird, die Arbeit mit den Kindern wird es allemal. „Diese Arbeit ist das Freudvollste am Lehrerberuf. Zudem hat man als Schulleiter auch besondere Möglichkeiten der Gestaltung“, schätzt Suchland. „Ich bin zum Beispiel ein großer Freund der Inklusion, denn sie birgt einen tollen Grundgedanken. Problematisch wird es, diesen in der Realität so umzusetzen, dass er auch funktioniert. Den Schulen stehen hier viel zu wenig finanzielle Mittel zur Verfügung, ebenso sieht es im sozialen Bereich aus. Das verursacht langfristig große Probleme und könnte uns irgendwann noch teuer zu stehen bekommen.“

Pandemie war besondere Herausforderung

Worauf Suchland ebenfalls mit Sorgenfalten zurückblickt, ist die Zeit der Corona-Pandemie: „Das war eine besondere Herausforderung für alle, die am System Schule beteiligt sind. Diese Zeit hätte ich uns allen gerne erspart. Alles, was mit Kind sein zu tun hat und Freude macht – singen, lebendig miteinander arbeiten und spielen, die Köpfe zusammenstecken – war nicht möglich. Das war traurig und für Schulverantwortliche auch eine schwierige Aufgabe, alles im Blick zu behalten und transparent zu machen. Aber ich glaube, das haben wir ganz gut hinbekommen – auch wenn wir alle froh waren, als es vorbei war.“

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Turbulenzen der vergangenen Jahre

Doch lange „ruhig“ blieb es für die Eveser Grundschule nicht. „Die vergangenen Jahre waren durch Turbulenzen geprägt“, fasst Suchland zusammen. Denn im Herbst 2022 folgte der nächste Schreck: Aufgrund gravierender Brandschutzmägel musste die Grundschule von einem Tag auf den anderen geschlossen werden. Alternativunterricht wurde organisiert, während im Hintergrund Maßnahmen am Gebäude liefen, um den Betrieb wieder aufnehmen zu können. Aber nur als Provisorium, denn schnell wurde klar: Die ohnehin notwendige Sanierung muss vorgezogen werden, die Kinder müssen in Übergangsschulen, sogenannte Module, umgesiedelt werden. Eben jene werden aktuell aufgebaut, eine Beschulung in der „Containerschule“ ist ab Anfang 2024 geplant. „Herausforderungen haben auch immer einen positiven Effekt: Man wächst mit den Aufgaben, lernt dazu und begreift mehr“, so Suchland rückblickend.

Frank Suchland war immer mit großer Leidenschaft Lehrer und Schulleiter: „Das Freudvollste am Lehrerberuf ist die Arbeit mit den Kindern.“

Gegenseitiges Vertrauen fehlt oft

Blickt der Schulleiter noch weiter zurück, stellt er fest: „Schule ist ein Spiegel der gesellschaftlichen Modalitäten. Die Umwelt ist heute eine andere als vor 30 Jahren, und auch die Eltern haben sich verändert. Was heute oft fehlt, ist das gegenseitige Vertrauen – dass jemand seine Arbeit gut macht und es gut meint mit seinem Gegenüber. Auch das Miteinander ist anders geworden, oft hapert es an Höflichkeit und Respekt. Ich würde mir für die heutigen Heranwachsenden mehr Selbstdisziplin, Frusttoleranz und Konfliktbereitschaft wünschen. Aber auch von den Eltern wünsche ich mir das Verständnis, dass ihre Kinder nicht nur gleichberechtigte Kumpel sind, sondern zum Erziehungsauftrag auch unangenehme Diskussionen und Grenzen gehören. Denn nur so können Kinder und Eltern gemeinsam wachsen und die Kleinen zu selbstbewussten Menschen heranwachsen.“

Selbstbewusster Zweitklässler

Auf die Frage, welche kuriose Situation Suchland im Gedächtnis geblieben sind, kommt ihm eben ein Schüler in den Sinn, der zumindest in Sachen Selbstbewusstsein schon früh ganz weit vorne war: „Eine Mitarbeiterin des Jugendamtes stellte sich in unserer Schule vor und der Kleine beschwerte sich bei der Dame prompt über zu viele Hausaufgaben. Das fand ich schon ziemlich cool für einen Zweitklässler“, schmunzelt der Schulleiter. In Zukunft, nachdem er Klassenbuch und Kreide endgültig beiseite gelegt hat, will er sich noch mehr seiner Leidenschaft zur Kultur widmen. „Man muss aufpassen, dass man sich täglich einige Male freut – unabhängig von anderen Menschen“, konstatiert er, der selbst eben diese Freude aus der Musik und Literatur schöpft. „Ich würde zwar auch Musik machen, wenn mir keiner zuhören würde, dennoch gibt es für mich fast keinen schöneren Ort als die Bühne. Da bin ich glücklich und kann alle Sorgen fallen lassen, daher hoffe ich, dass ich noch lange auf der Bühne stehen kann“, sagt der heute 61-Jährige.

Wenige verbleibende Wochen

Doch noch bleiben ihm einige Wochen als Schulleiter der Eveser Grundschule. Was er sich für seine Schule und die Kollegen wünscht? „Dass ich sie noch in das neue Gebäude begleiten kann, damit ich sie gut untergebracht weiß“. Zudem wünscht er sich für die Menschen untereinander mehr Verständnis und eine Prise Lässigkeit, „die steht uns ganz gut“. „Ich bin glücklich über meine engagierten Kollegen und wünsche Ihnen, dass sie die Kraft haben, so motiviert zu bleiben. Als Lehrer kann man nur überzeugen, wenn sich die eigene Persönlichkeit nicht verstellt und ein gutes Team lässt jeden so sein, wie er ist und bindet seine individuellen Stärken mit ein.“ (nh)

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