Corona: Gericht kippt 5-Personen-Regel bei Treffen /  Zoobesuch und Einzelmusikunterricht erlaubt
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Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (OVG) hat mit drei Eilbeschlüssen vom 19. März 2021 verschiedene Verbotsregelungen der Niedersächsischen Corona-Verordnung vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Dabei ging der Senat unter Zugrundelegung seiner bisherigen Rechtsprechung und unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens davon aus, dass die Corona-Verordnung und die auf diese bezogenen Änderungsverordnungen auf einer tauglichen Rechtsgrundlage beruhen, formell rechtmäßig sind und hinsichtlich deren materieller Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das „Ob“ eines staatlichen Handelns keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Einzelne Verbotsregelungen seien aber keine notwendigen Infektionsschutzmaßnahmen mehr oder verstießen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

5-Personen-Regel

Im Verfahren hatte sich ein Antragsteller, der gemeinsam mit seiner Ehefrau und drei Kindern, die älter als 14 Jahre sind, in einem Haushalt lebt, gegen Kontaktbeschränkungen in der Corona-Verordnung gewandt und geltend gemacht, die dort bestimmte Obergrenze von fünf Personen für Zusammenkünfte schließe es vollständig aus, im Haushaltsverbund weitere Personen zu treffen. Der 13. Senat des OVG ist dem gefolgt und hat den betreffenden § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit danach Zusammenkünfte nur mit höchstens fünf Personen zulässig sind.

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Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die fixe Obergrenze von fünf Personen, wenn diese 15 Jahre oder älter sind, unangemessen sei. Zum einen berücksichtige sie überhaupt nicht solche Haushalte, in denen bereits mehr als fünf Personen lebten. Zum anderen schließe sie Haushalte mit fünf Personen, von denen alle 15 Jahre oder älter sind, von jedweden gemeinsamen sozialen Kontakten zu Dritten aus. Dies berücksichtige tatsächlich bestehende familiäre und soziale Strukturen nicht hinreichend. Es sei auch lebensfremd und unter infektiologischen Gesichtspunkten nicht mehr sachangemessen, von einzelnen Personen dieses Haushalts zu verlangen, den Haushalt vorübergehend zu verlassen, um den Kontakt zu Dritten zu ermöglichen. Die Verordnung sei insoweit auch widersprüchlich. Denn in Hochinzidenzkommunen (mit einer länger andauernden 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100) gelte die zuvor bis zum 6. März 2021 angeordnete Kontaktbeschränkung fort. Letztere sehe aber keine fixe Obergrenze für Zusammenkünfte vor, sondern gestatte stets den Kontakt zu mindestens einer haushaltsfremden Person. In Hochinzidenzkommunen, in denen gerade eine besonders hohe Infektionsgefahr bestünde, dürfe sich danach ein Haushalt von fünf Personen also weiterhin mit einer haushaltsfremden Person treffen. Von der Außervollzugsetzung unberührt bleibt die weiterhin zu beachtende Vorgabe der Corona-Verordnung, dass sich nur Personen aus insgesamt höchstens zwei Haushalten treffen dürfen.

Zoos und Tierparks

In einem weiteren Verfahren hat das OVG die Schließung von Zoos und Tierparks in Hochinzidenzkommunen vorläufig außer Vollzug gesetzt. Zur Begründung heißt es, dass diese als Infektionsschutzmaßnahme nicht mehr erforderlich und auch nicht mehr angemessen sei. Das Infektionsrisiko bei Aufenthalten im Freien sei von vornherein vergleichsweise gering und könne durch mildere Maßnahmen als eine Schließung hinreichend effektiv reduziert werden, etwa durch Begrenzungen des Zugangs zum Zoo oder Tierpark, Steuerungen des Aufenthalts dort, Maßnahmen zur Vermeidung von Personenkontakten und Beschränkungen besonders infektionsrelevanter Einrichtungen (etwa von Innenbereichen) oder Veranstaltungen (etwa Schaufütterungen, Streichelzoo). Durch eine einheitliche Öffnung von Zoos und Tierparks könnten zudem Tourismusbewegungen in Kommunen verhindert werden, in denen vergleichbare Einrichtungen mit überörtlichem Einzugsbereich aufgrund niedrigerer Inzidenzen noch geöffnet seien.

Einzelmusikunterricht

Im einem anderen Verfahren beantragte eine Musiklehrerin die Außervollzugsetzung des § 14a der Corona-Verordnung, soweit dieser Einzelmusikunterricht untersage. Der 13. Senat hat auch diesem Antrag entsprochen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen seine vorausgegangene Entscheidung zur Außervollzugsetzung der Hundetrainings von Hundeschulen herangezogen und einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz angenommen. Zwischen dem untersagten Einzelmusikunterricht und den erlaubten Kontakten im privaten Bereich bestünden keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Sie bestünden weder hinsichtlich einer vom Antragsgegner befürchteten Unterschreitung des Mindestabstandes zwischen Lehrkraft und Einzelschüler noch bezüglich einer seriellen Kontakthäufung der Lehrkraft. (pr)

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