Volksbank in Schaumburg, Kreishandwerkerschaft und Steuerberater-Ortsverband mit Sigmar Gabriel und großem Neujahrsempfang
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(Bückeburg) „Wohin steuert Deutschland?“ Über die aktuellen ökonomischen Herausforderungen der Bundesrepublik sprach am Donnerstagabend im vollbesetzten Rathaussaal Sigmar Gabriel. Auch nach fast zwei Jahren nach seinem Ausscheiden aus der Bundespolitik, nimmt Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel kein Blatt vor den Mund.

Sigmar Gabriel.

Im Gegenteil: Losgelöst von parteipolitischen Zwängen lässt es sich vielleicht noch etwas pointierter und entspannter analysieren. Davon konnten sich die rund 300 Gäste beim Neujahrsempfang der Volksbank in Schaumburg, der Kreishandwerkerschaft Schaumburg und dem Steuerberater-Ortsverband Schaumburg am Donnerstagabend im Rathaussaal überzeugen.

Joachim Schorling: „Uns ist nicht bange!“

Joachim Schorling, Vorstandsmitglied der Volksbank in Schaumburg, stimmte die Gäste in seiner Begrüßungsrede thematisch ein: „Wenn ich die vergangenen Monate und Wochen Revue passieren lasse, dann habe ich den Eindruck: Uns stehen turbulente Zeiten bevor!“ Er schaue aber mit einer guten Portion Optimismus in die Zukunft. Schorling weiter: „Mit einer Erhöhung der Zinsen ist in den kommenden Jahren nicht zu rechnen. Wir wollen keine Minuszinsen. Unser Ziel ist es, Negativzinsen nicht auf unsere Kunden umzulegen. Die vorläufige Bilanzsumme ist auf rund 200 Millionen Euro im Vergleich zu 2018 angewachsen.“

Von links: Dieter Ahrens (Kreishandwerksmeister), Gerald Siegmann (Vorsitzender des Steuerberater-Ortsverbandes Schaumburg), Sigmar Gabriel (Niedersächsischer Ministerpräsident a.D.), Joachim Schorling (Vorstandsmitglied der Volksbank in Schaumburg).

Auch sei der Landkreis Schaumburg als einziger in Niedersachsen in das Förderprogramm „für die Entwicklung und Förderung von Wasserstoff- und Brennstoffzelltechnologie aufgenommen worden. „Das haben wir dem Engagement unseren Vertretern des Landkreises zu verdanken“, betonte Schorling weiter. Auch Banken würden sich zunehmend der Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit annehmen und diese in ihre Geschäftsstrategien mit einbeziehen. Die Volksbank in Schaumburg rechnet erneut mit Steuerzahlungen von 8 Millionen Euro. Davon kommt knapp die Hälfte als Gewerbesteuer den Kommunen in Schaumburg zugute.

Dieter Ahrens: „Wir lassen unsere Handwerker nicht im Regen stehen!“

Kreishandwerksmeister Dieter Ahrens blickte auf ein erfolgreiches Jahr 2019 zurück. Sein Fazit: „Dem Handwerk gehe es gut und auch für 2020 sind die Auftragsbücher voll. Große Erfolge verzeichnet Ahrens für das Handwerk mit der erneuten Einführung der Meisterpflicht in manchen Gewerken und die Installierung einer Energieagentur in Schaumburg. Große Freude bereite ihm aber die Tatsache, dass in 2019 viele junge Leute für der Handwerksausbildung begeistert werden konnten.

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Gerald Siegmann zur Bonpflicht: „Dem Wahnsinn der Bürokratie auf der Spur“

Gerald Siegmann, Vorsitzender des Steuerberater-Ortsverbandes Schaumburg, gab einen teils ernsten und doch amüsanten Einblick in die Bürokratisierung. Die Bonpflicht für Bäcker sei nun ein sichtbarer Teil des riesigen Bürokratiemonsters. Seiner Meinung nach grenzt es fast an ein Wunder, dass es trotz der unzähligen Regelungen und Gesetze, die insbesondere Unternehmer plagen, in Deutschland noch immer relativ rund läuft.

Gerald Siegmann, Vorsitzender des Steuerberater-Ortsverbandes Schaumburg.

Erschlankt und ruhig sei er geworden, nicht mehr so laut und kämpferisch, bemerkte ein Zuhörer am Rande im festlich gedeckten Rathaussaal. Auf den Tischen standen Kerzenleuchter, festlich dem Anlass entsprechend. Wann war schon mal ein Ministerpräsident Niedersachsens a.D. in Bückeburg anwesend? Gabriel erklärte sofort, dass Bückeburg ihm nicht unbekannt sei. Schön wäre es hier, fast so wie in seiner Heimatstadt Goslar. Dort wohnt der 60-jährige Gabriel mit seiner 10 Jahre jüngeren Ehefrau und den beiden kleinen Töchtern. Mit der großen 20-jährigen Tochter aus erster Ehe telefoniere er viel rund um aktuelle Themen. Der ehemalige Vizekanzler, Wirtschafts-, Außen- und Umweltminister zeigte sich einmal mehr als intimer Kenner der deutschen Wirtschaft. Seine zentrale These: Der starke Export – das deutsche Erfolgsmodell – entwickle sich zunehmend zum Risikofaktor. „Die Welt wird immer protektionistischer. Von Handelskonflikten sind wir viel eher betroffen als andere Nationen“, so Gabriel. Schon jetzt gebe es für die Unternehmen drastische Rückgänge bei den Aufträgen. „Wir kommen in unbequeme Zeiten.“ Als Gründe dafür nannte Gabriel neben Protektionismus und Handelskonflikten die wachsende Bedeutung Chinas in der Weltwirtschaft und die Digitalisierung.

Volksbank-Vorstandsmitglied Anja Bracht (re.) mit Martina Tellermann vom Vertriebsmanagement der Volksbank.

Gabriel: „Für Trump ist die Welt eine Arena!“

Von rechts: Kreisrätin Katharina Augath mit der Schulleiterin der Berufsbildenden Schulen Rinteln, Lita Gooßen und dem stellvertretenden Schulleiter Günter Potthast.

Gabriel, der fast 90 Minuten frei redete und im Anschluss viel Applaus erntete, lobte Industrie und Mittelstand und warnte davor, beides zu demontieren. Er forderte Klimaschutz mit Augenmaß ohne Symbolpolitik. Und er nahm die Zukunft in den Blick. Sein Appell: „Geld für morgen ausgeben.“ Gabriel plädierte nicht nur für einen Zusammenhalt der Europäischen Union, sondern auch für neues gemeinsames Kräftebündeln von Europa. Nur mit einer starken Europäischen Union könne man etwas erreichen. Deutschland auf sich gestellt gehe nicht mehr. Man könne „nicht ewig dasitzen“ und sagen: „Wir tun nichts – aus Angst.“ Diese Angst sei falsch angebracht, weil Handlungen global seien in der Politik. „Der Glaube, man könne sich raushalten und irgendwie wird es schon jemand richten, den kann ich nicht vermitteln“, so Gabriels Schlussworte.

(Text & Fotos: Sandra Kossendey)

Bildergalerie: Neujahrsempfang der Volksbank in Schaumburg 2020

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