Polizeiliche Verkehrsunfallstatistik für den Landkreis Schaumburg 2018
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„Die Lage ist ernst aber nicht hoffnungslos,“ so bewertet der Leiter der Polizeiinspektion Frank Kreykenbohm die Verkehrsunfallbilanz des vergangenen Jahres. „Durchschnittlich zehnmal am Tag zu einem Verkehrsunfall gerufen zu werden, ist eindeutig zu viel, sowohl für uns als Polizei aber auch für die Gesellschaft insgesamt.“

„Angesichts eines zunehmend komplexeres Verkehrsgeschehen mit weiter steigenden Zulassungszahlen bedarf es hier einer Einstellungs- und Verhaltensänderung bei den Verkehrsteilnehmern, insbesondere was den Risikofaktor unangepasste Geschwindigkeit aber auch die weiterhin ausgeprägte Bereitschaft anbelangt, sich während der Fahrt durch die Nutzung des Handys ablenken zu lassen. Hoffnungsfroh stimmt in diesem Zusammenhang allerdings die Tatsache, dass die Anzahl der Verkehrsunfälle mit schweren Personenschaden auf ein Zehnjahrestief zurückgegangen ist, wobei jeder Unfalltote und -verletzte genau einer zu viel ist,“ sagt Kreykenbohm weiter.

Im Jahre 2018 ereigneten sich im Landkreis Schaumburg insgesamt 3.747 Unfälle (-0,4%). 1.471 Unfälle gehen dabei auf Verkehrsunfallfluchten und Wildunfälle zurück und sind somit für rund 40% des gesamten Unfallgeschehens verantwortlich.

Eine deutlich positivere Entwicklung nahmen die Unfälle mit schwerem Personenschaden. Hier wurden 73 Unfälle im Jahr 2018 aufgenommen, das waren 21 weniger als im Vorjahr. Im 10-Jahresvergleich erreichen die Zahlen damit einen neuen Tiefstand. Bei diesen Unfällen mit schwerem Personenschaden kamen im Landkreis Schaumburg sieben Personen ums Leben (eine weniger als im Vorjahr) und 72 Personen (Vorjahr: 97) wurden schwer verletzt. Die Anzahl der Leichtverletzten stieg von 588 auf 615.

Die Entwicklung der Verkehrsunfallzahlen insgesamt für den Zeitraum von 2009 bis 2018. (Grafik: Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg)

Ausgewählte Unfallursachen

Der Konsum von Drogen und Alkohol durch Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführer birgt ein hohes Gefährdungspotenzial im Straßenverkehr, was sich auch in den überproportional schweren Unfallverläufen zeigt. Die Zahl der Unfälle unter Alkoholeinfluss bewegt sich im 10-Jahres-Zeitraum zwischen 49 und 81, im Jahr 2018 waren es 63 (2017: 49).

Die Anzahl der festgestellten folgenlosen Fahrten unter Drogeneinfluss sank von 116 im Vorjahr auf 87 in 2018. In diesem Phänomenbereich ist naturgemäß die Dunkelziffer hoch. Die Zahl der Unfälle unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln sank um vier auf acht in 2018. Die höchste festgestellte Blutalkoholkonzentration betrug 3,47 Promille Bei den Wildunfällen gab es im Landkreis Schaumburg einen spürbaren Rückgang. 468 Wildunfälle wurden polizeilich aufgenommen und damit 71 weniger als im Jahr 2017. Dabei muss berücksichtigt werden, dass längst nicht alle Wildunfälle der Polizei gemeldet werden. Die polizeilich festgestellten Wildunfälle machen ca. 12,5% des Gesamtunfallaufkommens aus.

Risikogruppen

Innerhalb der Altersgruppen der bis 14-jährigen zeigte sich 2018 ein Anstieg der Unfallfolgen. Hier stieg die Zahl der leichtverletzten Kinder von 32 auf 42; bei den Schwerverletzten sank die Zahl von vier auf drei. Glücklicherweise kam auch in 2018 kein Kind im Straßenverkehr ums Leben. Bei den 18 – 24-jährigen stieg die Zahl der leichtverletzten Personen um 16 auf 120, während die Anzahl der schwerverletzten Personen von 23 auf 12 sank. In der Gruppe der über 65-jährigen kam es lediglich zu geringfügigen Veränderungen zum Vorjahr (Steigerung der Leichtverletzten von 76 auf 80, Rückgang der Schwerverletzten von 14 auf 13). Wie im Vorjahr kamen leider drei Personen ums Leben.

Ausgewählte Unfallarten

Trotz der wetterbedingt langen Motorradsaison nahm die Zahl der Unfälle mit Motorrädern entgegen dem Landestrend im Landkreis Schaumburg ab. Waren 2017 noch 71 Unfälle mit Krädern über 125 ccm zu verzeichnen, waren es in 2018 „lediglich“ 58 Unfälle. Bei 36 Unfällen wurden Personen leicht- und bei acht Unfällen schwerverletzt. Todesopfer waren bei Motorradunfällen nicht zu beklagen. Die übrigen 14 Unfälle zogen „nur“ Sachschäden nach sich. Die Zahl der Fahrradunfälle stieg im Vergleich zum Vorjahr auf 165 an (2017: 152). Dabei wurden bei 109 Unfällen Personen leicht- und bei 14 Unfällen schwerverletzt. Erfreulicherweise ist ein Rückgang gegenüber 17 im Vorjahr zu registrieren. Bei den übrigen 39 Unfällen wurden „nur“ Sachschäden verursacht.

Die Verkehrsunfallfluchten im Landkreis Schaumburg befinden sich seit Jahren auf einem hohen Niveau und sind im Vergleich der Jahre 2017 und 2018 von 918 deutlich auf 1003 angestiegen. „Die weiterhin steigende Zahl der Verkehrsunfallfluchten, die erstmals in 10 Jahren die 1000er Marke überschritten hat, kann man nur als Ausdruck einer schwindenden Verkehrsmoral und eines fehlenden Verantwortungsbewusstseins werten,“ so der Polizeichef zusammenfassend. „Ein Unfall kann jedem von uns passieren, sich danach aber durch Flucht der Schadensregulierung zu entziehen definitiv nicht. Dazu bedarf es eines eigenen Entschlusses und somit eines Vorsatzes. Insofern freut es mich, dass wir im letzten Jahr viele dieser Straftäter ermitteln konnten.“ In 361 Fällen konnte der Verursacher ermittelt werden, die Aufklärungsquote liegt damit bei 35,99%. Die Verkehrsunfallfluchten ereignen sich überwiegend auf Parkplätzen und haben in der Regel nur Sachschäden zur Folge. „Von insgesamt 43 Verkehrsunfallfluchten mit Personenschaden konnten wir in 28 Fällen den Fahrer ermitteln. Das ist mit 65,12 % eine erfreulich hohe Aufklärungsquote,“ bewertet Kreykenbohm die Zahlen.

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Verkehrsunfallprävention

Die PI Nienburg/Schaumburg hat im vergangenen Jahr erneut mit verschiedenen Netzwerkpartnern wie Schulen, Verkehrswacht, Kreisjägerschaft, Schaumburger Verkehrsgesellschaft, AOK, Fahrschulen, und dem Kinder- und Jugendbüro im Landkreis Schaumburg „Print 51“ vielfältige Präventionsveranstaltungen durchgeführt, die teilweise nur in Kooperation mit diesen überhaupt realisiert werden konnten.

Die Angebote richteten sich zielgerichtet an die verschiedenen Altersgruppen, z.B. „Schulwegtrainings“ und die „Busschule“ an Kinder in Kindergärten und Grundschulen, während die Aktion „Fit im Auto“ speziell für lebensältere Verkehrsteilnehmerinnen und -nehmer konzipiert ist. Die Risikogruppe der jungen Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer wurde durch die Aktion „Fit ist schlau“ in den Fokus genommen. Darüber hinaus gab es weitere Aktivitäten, die auf die Vermeidung von einzelnen Unfallarten abzielten.

Zur Senkung der Verkehrsunfallfluchten auf Parkplätzen beteiligte sich die PI Nienburg/Schaumburg am landesweiten Projekt „Rummss“. Postkarten mit Verhaltenshinweisen auf der Rückseite richteten sich insbesondere an „Parkplatzrempler“ und wurden u.a. im Eingangsbereich von Supermärken und Baumärkten verteilt, die über große Parkflächen verfügen. Im letzten Jahr konnten durch o.g. Veranstaltungen und Aktionen zum Thema Verkehrsprävention in den Landkreisen Nienburg und Schaumburg zusammen über 13000 Personen erreicht werden.

Verkehrsüberwachung

Verkehrsunfallprävention ist bekanntermaßen allein nicht ausreichend, um eine nachhaltige Verhaltensänderung aller Verkehrsteilnehmern zu erzielen. Die PI Nienburg/Schaumburg führte deshalb auch im vergangenen Jahr zahlreiche Verkehrsüberwachungsmaßnahmen durch. So wurden im vergangenen Jahr im Landkreis Schaumburg durch die Polizei 2.133 Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt. Davon waren bei 83 Fällen Fahrverbote von mindestens einem Monat die Folge. Zu diesen Zahlen kommen die Messungen der kommunalen Verkehrsüberwachung des Landkreises. Die Zahlen von Gurtverstößen (1.105) und der unzulässigen Nutzung von Mobiltelefonen im Straßenverkehr (507) zeigen die Notwendigkeit solcher Kontrollen. Hier zeigte sich, dass die Verschärfung der Vorschriften mit der Erhöhung des Bußgeldes von 60 Euro auf 100 Euro für die letztgenannten Verstöße offenbar keine Auswirkungen auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmer hatte.

Bei Kontrollen des Schwerlastverkehrs ist die Polizeiinspektion ebenfalls aktiv. Durch den Einsatz speziell qualifizierter Beamten und in Kooperation mit anderen Behörden konnten im Landkreis zahlreiche Verstöße gegen technische und Sozialvorschriften mit teilweise sehr empfindlichen Bußgeldern geahndet werden. Diese Maßnahmen tragen zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr für alle Verkehrsteilnehmer bei, teilweise wurde sogar die Weiterfahrt untersagt.

Ausblick

Auch in diesem Jahr wird die PI Nienburg/Schaumburg mit den vier Polizeikommissariaten im Landkreis intensiv Verkehrsprävention und Verkehrsüberwachung betreiben, um erneut auf eine Senkung der Unfallzahlen hinzuwirken.

Die Unfallkommission für den Landkreis Schaumburg (Vertreter der Straßenbauverwaltung, der Straßenverkehrsbehörden Landkreis Schaumburg und Stadt Rinteln sowie der Polizeiinspektion NI/SHG) wird sich wie in den vergangenen Jahren zeitnah mit erkannten Unfallhäufungsstellen beschäftigen, diese begutachten und über Verbesserungsmaßnahmen beraten. Durch die Erforschung von Unfallursachen und auch durch regelmäßige eigene Feststellungen im Rahmen von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen ist zu vermuten, dass die Zunahme von Fahrassistenzsystemen nicht nur einen Gewinn an Sicherheit im modernen Fahrzeugen bringt, sondern die Fahrer in ihrer Aufmerksamkeit mehr fordert. Kommen dann noch Ablenkungen wie z.B. das Nutzen eines Mobiltelefons ohne Freisprecheinrichtung dazu, kann es schnell zur Überforderung und damit zu einer Erhöhung der Unfallgefahr durch Ablenkung kommen.

„Vor dem Hintergrund nahezu unverändert hoher Unfallzahlen werden wir in unseren Bemühungen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit keinesfalls nachlassen. So setzen wir auch in 2019 auf einen ausgewogenen Mix an Verkehrsüberwachungsmaßnahmen und Präventionsaktionen, die insbesondere an den Hauptunfallursachen Geschwindigkeit, Alkohol und Drogen sowie Ablenkung ansetzen,“ so der Polizeichef in einem Ausblick auf das aktuelle Jahr. „Vorrangiges Ziel unserer Aktivitäten ist es insbesondere, die in dieser Hinsicht immer noch zahlreichen Uneinsichtigen und Unverbesserlichen zu erreichen, um dadurch Schaden von Unbeteiligten abzuwehren.“

(Quelle: Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg)

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