Heimische Landwirte protestieren wiederholt aus Solidarität mit Berufskollegen aus den Niederlanden
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(Landkreis) Die Vereinigung „Land schafft Verbindung“ (LSV) hat mit einer Aktion am vergangenen Donnerstag und am Sonntagabend aus Solidarität auf die Situation von Landwirten aus den Niederlanden aufmerksam gemacht. Zahlreiche Traktoren wurden an verschiedenen Orten entlang der Autobahn 2, unter anderem im Auetal, nahe Rodenberg und Eisbergen aufgestellt.

Bereits seit einiger Zeit protestieren niederländische Landwirte gegen Auflagen der Regierung, wonach Ammoniak-Emissionen reduziert werden sollen. Diese würden laut einer Pressemitteilung von LSV Niedersachsen-Bremen zur Folge haben, dass „in letzter Konsequenz ca. 30 Prozent der niederländischen Landwirte für immer ihre Betriebe aufgeben müssen.“ Viele weitere müssten sich erheblich einschränken, während mit Häfen, Flughäfen und Ballungsräumen sehr große Ammoniak-Emittenten völlig unangetastet bleiben würden, so LSV. Mit „fadenscheinigen Argumenten“ werde versucht, es die Bevölkerung gut finden zu lassen, dass die Erzeugung von Lebensmitteln im eigenen Land stark eingeschränkt oder eingestellt werde. LSV dazu: „Uns wird es genauso treffen; was in den Niederlanden jetzt gerade beschlossen wird, steht uns genauso bevor!“

In den Niederlanden legten wütende Landwirte Autobahnen, Landstraßen und Warenlager von Supermärkten lahm. Zur Eskalation kam es, als laut mehreren übereinstimmenden Medienberichten zufolge seitens der Polizei Schüsse auf einen 16-jährigen Traktorfahrer abgegeben wurden, obwohl dieser entgegen anderslautender Meldungen nicht auf die Polizisten zugefahren sei. Videos von dem Vorfall werden unter anderem auf Twitter und bei YouTube geteilt. Der Möllenbecker Landwirt und Sprecher von „Land schafft Verbindung“, Ex-Polizist Anthony Robert Lee, sprach in einem Video-Interview von einem „gezielten Schuss“ auf den Traktorfahrer, der aus einem Stau herausgefahren sei. Er mahnte alle Seiten zur Vorsicht, da die Stimmung „dramatisch sei“ und die Lage auch „kippen könne“.

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Die Landwirte solidarisierten sich mit ihren Berufskollegen in den Niederlanden, die schon seit Wochen massiv gegen die Agrarpolitik der Regierung protestieren. (Fotos pr)

Derzeit gehe es in Deutschland um den Nitratabbau im Boden, so „Land schafft Verbindung“. Die Nitratwerte würden schon jetzt gegenüber der EU viel schlechter angegeben, als sie eigentlich seien. Das Nitrat-Messnetz sei hierzulande viel zu dünn ausgelegt. Bereits jetzt seien von rund 700 Messstellen 128 als „rot“ gemeldet, durch die neue Grundwasserverordnungsdefinition würden es deutlich mehr werden – damit wäre das Signal, dass an die EU in Brüssel gesendet würde, eine weitere Verschlechterung der Werte, obwohl bereits Maßnahmen ergriffen worden seien. Dies wiederum, so „LSV“, dürfte zu einer weiteren angeordneten Reduktion der Stickstoff-Düngung über die bereits vorgeschriebenen 20 Prozent hinaus führen. Die Vereinigung zählt drohende Folgen auf: „Stickstoff-Reduktion bis hin zum totalen Bewirtschaftungsverbot“, „massenhaft Betriebsaufgaben“, „Reduktion der Lebensmittelerzeugung im eigenen Land“ und „Verschärfung der Abhängigkeit von Importen“, obwohl die aktuelle Situation zeige, wie anfällig die globalen Lieferketten sind.

Landwirt Lee, der auf dem sozialen Netzwerk „Facebook“ regelmäßig deutliche Kritik an Entscheidungen der Politik zu Themen wie Energie, Agrar und Lebensmittelversorgung übt, sprach in einem aktuellen Video davon, die Landwirtschaft werde auf „nicht-wissenschaftlichen Erkenntnissen abgewickelt“. Zuvor hat der Bundesrat am 8. Juli der neuen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (AVV) zur Abgrenzung der nitratbelasteten und phosphorbelasteten Gebiete zugestimmt, berichtet das Portal Agrar Heute. Eine Einschätzung der Nitratbelastung nach dem Verursacherprinzip sei damit nicht länger möglich, heißt es in dem Artikel. Die Fläche der „roten Gebiete“ werde um bis zu 45 Prozent anwachsen, weiterhin soll das Netz der Messstellen für Nitrat im Grundwasser bis Ende 2024 erheblich ausgeweitet werden.

In einer aktuellen Pressemitteilung vom 11. Juli kritisiert „Land schafft Verbindung NRW“, dass „ständig neue Auflagen, Gesetze, Verordnungen und Einschränkungen der deutschen Landwirtschaftspolitik in Bund und Ländern“ dazu führen würden, dass weniger Nahrungsmittel in teils immer schlechterer Qualität vor Ort nachhaltig produziert werden könnten. LSV sieht die „Versorgungssicherheit mit Grundnahrungsmitteln in naher Zukunft gefährdet“ und eine „weitere, deutliche Preisexplosion an den Ladenkassen“.

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