(Landkreis/Bückeburg) Der Berliner Comic-Autor Markus Witzel alias Mawil wird mit dem diesjährigen Wilhelm Busch-Preis für satirische und humoristische Zeichenkunst und Versdichtung ausgezeichnet.
Der Wilhelm-Busch-Preis wird alle zwei Jahre von der Stiftung Sparkasse Schaumburg, der Schaumburger Landschaft und den Schaumburger Nachrichten verliehen. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.
Wilhelm Busch gilt als Wegbereiter des modernen Comics. Jahrzehntelang lebte und arbeitete er in seinem Geburtsort Wiedensahl in Niedersachsen. Seine Zeichnungen und sein brillanter Sprachwitz sind bis heute beeindruckend. Der Wilhelm-Busch-Preis würdigt im deutschsprachigen Raum Autorinnen und Autoren, die sich in ihrer Arbeit der künstlerischen Qualität und der Tradition Wilhelm Buschs verbunden und verpflichtet fühlen. Hierbei sind nicht nur deren Fähigkeiten als satirische Erzähler gefragt, sondern vor allem auch eine ästhetisch-hochwertige Zeichenkunst. Bisherige Preisträger waren Robert Gernhardt, F.W. Bernstein, Vicco von Bülow (Loriot), Ernst Kahl, Franziska Becker, Hans Traxler und Ralf König. 2019 hat Isabel Kreitz den Wilhelm-Busch-Preis erhalten.
Mit Mawil ehrt die Jury in diesem Jahr einen national wie international höchst angesehenen, aber vor allem auch viel gelesenen Comic-Künstler, dessen Auszeichnung für den Wilhelm-Busch-Preis in mehrfacher Hinsicht eine Wegscheide markiert.
So wird mit dem 1976 geborenen Markus Witzel erstmals ein Zeichner geehrt, der auf eine Veröffentlichungshistorie seiner Werke zurückblicken kann, die komplett in das 21. Jahrhundert fällt. Er steht zudem für eine neue Künstler-Generation, die selbstbewusst die Hochschulen für eine ausgewiesene Comic-Ausbildung für sich erobert hat. Im Fall von Mawil war das die Kunsthochschule Berlin-Weißensee, wo er auch Teil der Monogatari-Gruppe war, der neben ihm Comic-Schaffende wie Jens Harder oder Ulli Lust angehörten, die bis in diese Tage wichtige Protagonisten der deutschsprachigen Comic-Szene sind.
Mawil ist auch der erste Wilhelm-Busch-Preisträger, der in der DDR geboren wurde, wo er seine Kindheit in Ost-Berlin in einer religiös geprägten Familie verbrachte, die den Alltag in kritischer Übereinkunft mit den Erwartungen der sozialistischen Herrschaftsordnung organisieren musste. Von dieser Zeit erzählt auch sein – in Teilen klar autobiographisch konnotiertes – Comic-Schaffen. Allen voran die preisgekrönte Graphic Novel „Kinderland“ von 2014, die zur Zeit des Mauerfalls spielt und für Mawil mit zahlreichen Übersetzungen, darunter einer vielbeachteten französischen Ausgabe, den endgültigen internationalen Durchbruch markierte.
Alle seine Comics zeichnet bereits beginnend mit seinen Frühwerken „Strandsafari“ und „Wir können ja Freunde bleiben“ ein gleichzeitig sehr lockerer wie auch ungemein stilsicherer Zeichenstrich aus – der ganz spezielle Mawil-Stil. Der Künstler selbst siedelt diesen zwischen klassischem Funny und spontanem Krakel an. Die Zeichnungen strahlen so eine ungekünstelte Authentizität aus, die perfekt zu den sehr persönlichen Inhalten seiner Werke passt.
Das bestätigen ganz besonders seine opulenten Comic-Sonntagsseiten, die von 2006 bis 2019 im Berliner „Tagesspiegel“ erschienen. Hier konnte er sich – gepaart mit einer unglaublichen Detailfülle in den Zeichnungen – nicht nur in die Tradition der großen amerikanischen Zeitungs-Comics stellen, sondern eroberte sich mit diesem grandiosen Comic-Schaufenster schon in jungen Jahren ein veritables Massenpublikum.
Das galt erst recht, als Mawil vor zwei Jahren als erster deutscher Comic-Künstler die franko-belgische Traditionsserie „Lucky Luke“ für ein Album übernahm und dem Westernhelden gleich einen Sattelwechsel verpasste – runter von Jolly Jumper und rauf auf einen Drahtesel. Wie er diese sich überraschend gut in das Setting des Originals einpassende Aufgabe bewältigte und gleichzeitig einen authentischen Mawil-Comic ablieferte, unterstreicht die Meisterschaft dieses Künstlers, von dem auch in den nächsten Jahren sicherlich noch Großes zu erwarten ist. Humor, Vielseitigkeit und der genaue Blick auf den menschlichen Alltag zeichneten auch Wilhelm Busch aus. Mawil tritt – ganz in diesem Sinne – würdig in seine Nachfolge. (pr)