(Stadthagen) Rund 350 Menschen haben am Samstag unter dem Motto „Stadthagen zeigt Flagge“ bei einer von der Stadt und der St. Martini-Kirchengemeinde organisierten Kundgebung auf dem Marktplatz Stellung gegen den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine bezogen.
Die Redner betonten es dabei als wichtiges Gebot, die nach Deutschland und Schaumburg kommenden ukrainischen Flüchtlinge zu unterstützen.
Lena Gerland, stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, betonte, dass sich in der Versammlung die Vielfalt der Stadtgesellschaft widerspiegele. Alle Teilnehmer würden mit ihrem Kommen ihr Zusammenstehen gegen den Krieg demonstrieren. Zu diesem Zusammenstehen kam es beim anschließenden Nachbilden der ukrainischen Nationalfahne ganz buchstäblich. Ausgestattet mit gelben und blauen Pappschildern, die sie über ihre Köpfe hielten, formierten sich die Teilnehmer so, dass sich die Flagge des überfallenen Landes ergab.
In den sich anschließenden Ansprachen verurteilten die Redner den russischen Angriff. Mehrere mahnten dabei, bei klarer Verurteilung des Vorgehens des Regimes Putin, nun nicht russischstämmige Menschen in Deutschland zu diskriminieren.
Bürgermeister Theiß: „Lassen Sie uns zusammenstehen“
Bürgermeister Oliver Theiß wies auf die Flüchtlinge hin, die Unterstützung benötigen würden. Stadthagen als Zentrum eines bunten Schaumburgs könne seine Vielfalt nutzen, bei der Versorgung und Betreuung der Ankommenden. Wichtig sei zudem, „dass wir Toleranz zeigen gegenüber Mitbürgern russischer Herkunft“, wie der Bürgermeister unter dem Applaus der Versammlung betonte. Viele würden Putins Politik verurteilen, „lassen sie uns zusammenstehen“.
Landesbischof Karl-Hinrich Manzke brachte das Gefühl des Aufgewühlt-Seins angesichts des russischen Überfalls zum Ausdruck. Er erinnerte an die besondere Verantwortung gegenüber der Ukraine vor dem Hintergrund des Vernichtungskrieges Deutschlands im Zweiten Weltkrieg, der sich gerade auch auf ukrainischem Territorium verheerend auswirkte. Hinzu komme die Bewunderung, die sich mit Blick auf den Kampf des ukrainischen Volkes um die eigene Freiheit einstelle. Dieser „Kampf gegen das Böse“ führe vor Augen, dass es wichtigeres als das eigene Wohlbefinden gebe. Es sei nun alles zu tun, um den aus der Ukraine Flüchtenden Gastfreundschaft zu gewähren.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Marja-Liisa Völlers rief zu Solidarität mit der Ukraine auf. Dies gelte auch für die Zeit, wenn es darum gehe, das Land nach den derzeit durch den russischen Angriff entstehenden Zerstörungen wieder aufzubauen, hohe Kosten seien zu erwarten. Auch müsse man sich solidarisch mit den Menschen zeigen, die in Russland für den Frieden demonstrieren. „Dies ist der Krieg Putins und seiner Schergen, nicht der Krieg des russischen Volkes“, so Völlers.
Völlers rief zu Solidarität auf: „Ist nicht der Krieg des russischen Volkes“
Der SPD-Landtagsabgeordnete Karsten Becker erklärte, dass es die freien Demokratien seien, welche die Zukunft repräsentieren würden, in der die Menschen leben wollten. „Putin wird nicht gewinnen, wir werden gewinnen“, ermutigte er die Versammlung. Nötig sei es nun, die Ukraine mit der Lieferung von Waffen zu unterstützen und die Bundeswehr zu ertüchtigen. Dies sei allerdings nur ein Instrument, Ziel müsse es sein, wieder in Gespräche zu kommen, um eine einvernehmliche Ordnung aufzubauen.
Becker: „Bundeswehr ertüchtigen“
Dieter Kindermann, Präsident des Vereins „International Children Help“ stellte die Initiativen der von ihm vertretenen Organisation vor, Hilfe für die Menschen in der Ukraine zu organisieren.
Marina Jalowaja, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde im Landkreis Schaumburg, hielt fest, dass dies „ein Krieg der Eroberung, der Barbarei“ sei. Dies sei nicht nur eine Invasion der Ukraine sondern ein „Krieg gegen die Europäer und gegen die elementarsten Menschenrechte in Europa“, hielt die in der Ukraine geborene und aufgewachsene Jalowaja fest.
Jalowaja: „Krieg gegen elementarsten Menschenrechte in Europa“
Die Verantwortung für die jetzige Entwicklung liege auch bei denen, die dem aggressiven Vorgehen Russlands in den vergangenen Jahren mit Beschwichtigung begegnet seien. Marina Jalowaja richtete den Blick auf die gegen den Krieg Protestierenden in Russland, die schwerwiegende Konsequenzen für ihre Stellungnahme in Kauf nähmen. „Wir dürfen nicht zulassen, dass wir in Europa zu Feinden werden“, betonte sie.
Der Posaunenchor der St. Martini-Kirchengemeinde begleitete die Kundgebung musikalisch. Sie ging in eine Friedensandacht in der St. Martini-Kirche über.
(Text & Foto: Bastian Borchers)