Bückeburg: „Shared Space“ als gemeinsamer Raum für alle Bürger
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(Bückeburg) SPD und Grüne hatten bereits vor einigen Monaten im Rat einen Antrag auf die Schaffung eines „Shared Space“ in der Oberen Langen Straße gestellt.

Der Gedanke dahinter ist, den gesamten Straßenraum mit allen Verkehrsteilnehmern gemeinsam zu nutzen und damit Verweildauer und -qualität in diesem bisher kaum beachteten Abschnitt der Innenstadt zu verbessern. Hierfür müsste jedoch der Verkehr reguliert und zumindest vermindert werden. War seitens SPD und Grüne eine Realisierung für den Sommer diesen Jahres geplant, plädierte die Mehrheit in der jüngsten Bauauschuss-Sitzung nach vorheriger Empfehlung der Verwaltung darauf, dieses Projekt um ein Jahr zu verschieben, um es gut geplant 2022 umzusetzen. Der Beschluss wurde zwar gefasst, jedoch macht sich die Bückeburger SPD weiter für zumindest eine Testphase im Sommer stark.

Beim Projekt „Shared Space“ sollen alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt die Straße nutzen können.

Aufenthaltsqualität verbessern

Gedacht war das Projekt als eine Art „Pop-up-Einrichtung“, die die Aufenthaltsqualität unter anderem durch zusätzliches Grün, weniger Verkehr, mehr Sitzgelegenheiten und Außengastronomie verbessern soll, wie Björn Sassenberg, Fachgebietsleitung Planen und Bauen, im Ausschuss rückblickend erläuterte. „Die Umsetzung war eigentlich für dieses Jahr gedacht, wir von der Verwaltung schlagen aber nun vor, dieses Projekt erst einmal auf 2022 zu verschieben. Das soll keine Hau-Ruck-Aktion werden, sondern ordentlich vorbereitet sein. Und für diese Planungen und die anschließende Realisierung kann dann auch Geld im Haushalt für das kommende Jahr bereitgestellt werden“, so Sassenberg.

Albert Brüggemann (SPD) hingegen machte sich im Namen seiner Fraktion im Ausschuss bereits für die zeitnahe Realisierung stark: „Es gibt Schwerpunkte im Aufenthaltsbereich, doch die Obere Lange Straße fällt leider nicht darunter. Wir haben bereits lange darüber diskutiert und bei der Langen Nacht der Kultur gesehen, wie gut es bei den Besuchern der Innenstadt ankommt, wenn wir den Verkehr hier verringern. Dabei können wir doch schon mit kleinen Mitteln wie Außenbewirtung beginnen, zusätzliches Grün dorthin schaffen – alles was beweglich ist und nicht so viel kostet. Damit könnten wir jetzt schon ohne großen Aufwand starten“, bat Brüggemann um eine vorherige Realisierung.

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Knackpunkt „Verkehr“

Andreas Paul Schöniger (Freie Wähler) befürwortete das Projekt, schloss sich jedoch dem Vorschlag der Verwaltung an: „Es ist Pandemie, zudem haben wir in der Herminenstraße (die als Umleitung in Frage käme, Anm.d.Red.) eine große Baustelle. Es ist nicht die richtige Zeit dafür“. Sandra Schauer (SPD) merkte an, dass sowohl Geschäftsleute als auch das Stadtmarketing in eine entsprechende Arbeitgruppe eingebunden würden, sodass auch sie Gehör finden werden. Cornelia Laasch (Grüne) lobte den Ansatz: „Die Baustelle ist irgendwann fertig und die Straße ist nicht nur für Autos“. Friedrich Meyer (CDU) dagegen: „In der Herminenstraße und Ulmenallee wird durchgehend geparkt, zudem müssten auch LKW da lang. Das wird eng“. Thorsten Buhrmester vermittelte: „Mit den Geschäftsleuten im Boot wird die Sache rund. Wir sollten zumindest anfangen zu planen, nicht zu spät“. In der anschließenden Abstimmung wurde der Antrag der SPD zur Realisierung in diesem Jahr schließlich abgelehnt, der Beschlussvorschlag, eine Projektgruppe zu gründen für eine Umsetzung im Sommer 2022 wurde angenommen.

Missverständnisse vermeiden

Nach dieser durchwachsenen Diskussion wollte die SPD nochmal deutlich klarstellen: Mit mehr Grün und weniger Tempo wollen sie den Verkehr keineswegs „aussperren“. Vielmehr solle ein respektvolles Miteinander aller Verkehrsteilnehmer erreicht werden, und das lieber früher als später. „ Die Innenstadt ist ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. Die Obere Lange Straße und die Schulstraße sind mit Stadtkirche, Bücherei, den vielen Einzelhändlern und Gastronomiebetrieben ein wichtiger Teil des Stadtkerns. Leider fristen sie auf Grund der straßenbaulichen Gegebenheiten und der Verkehrssituation ein Schattendasein. Zunehmender Leerstand und häufig wechselnde Ladengeschäfte sind die Folge“, so die Grünen in einer anschließenden Pressemitteilung.

Es freue die Gruppe SPD und BÜNDNIS 90/Die Grünen außerordentlich, dass dem gemeinsamen Antrag zur Verbesserung der Attraktivität in diesem Bereich zugestimmt wurde. Nun könne der Planungsprozess beginnen. Sobald es die Corona-Pandemie zulasse, würde die Stadt interessierte Geschäftsleute, Bürgerinnen und Bürger, Vertreter des ADFC, des Senioren- und Behindertenbeirats sowie Mitglieder der Parteien zu einem Projektgruppentreffen einladen. Gemeinsam solle das im Antrag beschriebene Konzept vertieft und konkretisiert werden. Es sieht im Ansatz ein gleichberechtigtes Nebeneinander der verschiedenen Verkehrsformen vor. Dazu gehört eine Temporeduzierung für den motorisierten Verkehr zwecks der Lärmreduzierung, geringerer Luftverschmutzung und gesteigerte Verkehrssicherheit, sowie die Umwidmung einiger Parkplätze in Aufenthaltsbereiche für Passanten. Diese können dann durch Stadtgrün und Stadtmöbel aufgewertet werden.

SPD wünscht sich Testphase in diesem Sommer

„Wir sehen eine Testphase als sinnvoll an. Mit einem gesunden Pragmatismus können dann verschiedene Ideen erprobt werden, ohne gleich in teure und womöglich nicht zielführende bauliche Maßnahmen einzusteigen. Wir halten es für geboten, bereits in diesem Sommer mit dieser Testphase zu beginnen. Die Coronapandemie wird weitere Spuren im Einzelhandel hinterlassen, und die Wiederbelebung der Innenstadt sollte eines der wichtigsten Ziele der kommenden Monate sein“, so SPD und Grüne. Nach der Testphase kann die Arbeitsgruppe den Erfolg einzelner Maßnahmen bewerten und entscheiden, welche davon dauerhaft eingerichtet werden sollten. Die dafür notwendigen Mittel können dann bereits in der Haushaltsplanung 2022 berücksichtigt werden“, schlägt die SPD als Kompromiss vor. (Text: nh, Fotos: vu)

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