
(Obernkirchen) Passender könnte das Naturszenario nicht zum Thema passen: Umgeben von dichtem Wald, inmitten des Bückebergs, geschützt von massiven Sandsteinvorkommen, liegen sie einfach so da – und das seit Millionen von Jahren: Die Dinosaurierspuren in Obernkirchen sind ein absolutes Unikum in ihrer Form, Vielzahl und ihres Artenreichtums. Doch am Berg herrscht eine schwierige Gemengelage, was eine verstärkte touristische Nutzung erschwert.
An diesem Junimorgen hat der Sommer verschlafen – eher herbstlich mutet das Wetter an und schafft damit im Steinbruch eine fast mystische Atmosphäre – dass hier einst Dinosaurier in Massen über die damalige Lagune zogen, ist für jeden, der sich in diesem Szenario wiederfindet, bildlich vorstellbar. Steinbruchbetreiber Tim Wesling, Bürgermeisterin Dörte Worm-Kressin und der Baudezernent des Landkreises, Fritz Klebe, werfen an diesem Morgen einen genauen Blick auf die Fährtenfelder und erörtern die dort schlummernden Potentiale. Schnell wird deutlich: „Am Berg herrscht eine komplexe Gemengelage, in der es viele Akteure, Anforderungen und Bedürfnisse zu vereinen gilt“, fassen es Worm-Kressin und Klebe zusammen.

Überdachung wünschenswert
Mitten im Steinbruch ist der „Hühnerhof“ gelegen – ein großen Spurenfeld dutzender unterschiedlicher Saurier, die hier einst ihre Füße in den Lagunensand setzten. In manchen tiefen Spuren steht etwas Wasser, einige Pflänzchen breiten sich drumherum aus. Die dorthin führende Treppe ist mit kleinen Birken bewachsen und gibt nur widerwillig den Weg frei. Doch hat man die ersten Spuren erst erblickt, erfasst das Auge hunderte von Ihnen. Doch auch dem Laien wird ersichtlich: Die Witterung nagt an den fossilen Spuren. „Eine Überdachung wäre ein großer Wunsch und langfristig absolut notwendig, um die Spuren zu schützen“, sagen sowohl Klebe als auch Steinbruchbetreiber Wesling.
Doch so einfach ist das Ganze nicht: Zum einen ist eine derartige Überdachung – sowohl beim Hühnerhof als auch beim zweiten Spurenfeld – eine kostenintensive Investition, zum anderen wird drumherum aktuell noch gearbeitet. Erst in einigen Jahren wird der dortige Steinbruch soweit ausgebeutet sein, dass der Betrieb gen Stadthagen weiterziehen werde. Erst dann könne realistisch über eine großflächige Überdachung und einen Verbindungsweg zwischen beiden Spurenfeldern gesprochen werden, sind sich die Akteure einig. Wenn es nach Klebe ginge, würden diese Maßnahmen am liebsten „im kommenden Jahr“ starten, realistisch sei jedoch ein Zeitraum von zehn Jahren und mehr, wie Wesling einordnet.

Sorgsamen Tourismus etablieren
Nichtsdestotrotz ist den Verantwortlichen daran gelegen, das Interesse an den Dinospuren weiter zu fördern und das dortige touristische Potential besser zu nutzen. Die Stadt Obernkirchen hat dafür ein neues Tourismuskonzept erstellt – die Aufwertung der Dinospuren ist dabei nur ein kleiner Teil davon. Denn der Bückeberg und das umliegende Areal und die Bedürfnisse des Umwelt- und Naturschutzes müssen als Ganzes betrachtet werden. Es gilt hier, verträglichen und sorgsamen Tourismus rund um den Berg aufzubauen, sind sich Worm-Kressin und Klebe einig. Mit der Verbesserung des Rundweges, weiteren Infotafeln zur Geologie, zum Naturschutz, zum Bergbau und zu den Dinospuren und der Archäologie sowie die Einrichtung einer Toilette wäre schon viel getan, um die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Ebenso wünschenswert wäre eine kleine Gastronomie in Form eines Kioskes oder der Wiederbelebung des alten Gasthauses Walter – nur leider wird für letzteres seit langem vergeblich ein neuer Pächter gesucht.
Kaum Probleme auf dem Gelände
Noch immer gibt es zwischendurch Funde im Steinbruch, wie Tim Wesling erläutert. „Wenn wir etwas Auffälliges entdecken, kontaktieren wir die Kollegen aus dem Dinopark Münchehagen und holen sie dazu“. Jedoch werden diese Funde immer seltener, dabei werden unter dem Schlamm und den Steinplatten noch viel mehr vermutet. „Der Betrieb ist in dieser Thematik inzwischen versiert und fähig, Funde in ihrer Relevanz zu erkennen“, bekräftigt Klebe. Probleme mit unbefugten Personen auf dem Gelände gebe es weniger – „ansonsten werden die halt runtergeschmissen“, sagt Wesling. Höchstens ein paar Hinterlassenschaften werden manchmal gefunden, aber sonst gebe es keine nennenswerten Vorfälle. Vor elf Jahren jedoch hätten Vandalen mal probiert, Teile der Dinoplatten herauszubrechen – und scheiterten dabei kläglich, verursachten aber beträchtliche Schäden.

Aufgabe für mehrere Generationen
Fakt ist: Das Interesse an den Spuren ist noch immer da, auch wenn es im Vergleich zu den Anfangsjahren deutlich abgeflacht ist. „Gerne möchten wir das regionale Interesse mehr fördern und mehr daraus machen“, sagt Klebe. „Wir wollen die Menschen für den Berg begeistern – jedoch ohne Unterstützung aus der öffentlichen Hand wird das schwer“, konstatiert die Bürgermeisterin. „Das hier ist eine Aufgabe für mehrere Generationen, doch wir fangen damit gerne an“. An weiteren Ideen mangelt es nicht, beispielsweise das Dinoerlebnis digital zu unterstützen, etwa mit Virtual Reality. Hier gibt es jedoch ein Manko: Auf dem Berg ist die digitale Infrastruktur nicht vorhanden, das Areal ist ein einziges Funkloch. Von diesen Hindernissen lassen sich die Verantwortlichen jedoch nicht abschrecken: „Mit einem guten Konzept sollten auch Fördermittel erhältlich sein“, stellt Klebe in Aussicht.
Fachkundige Ehrenamtler gesucht
Was sich alle Beteiligten ebenfalls wünschen würden: Jemanden mit wissenschaftlichem Hintergrund, etwa ein Geologe, der sich gerne langfristig ehrenamtlich hier engagieren würde, um beispielsweise Führungen anzubieten. Bei der Zertifizierung zum Wanderführer würde die Verantwortlichen gerne unterstützen, sobald sich jemand dazu bereit erklärt. Interessierte sind eingeladen, direkt den Kontakt zur Bürgermeisterin oder zu Herrn Klebe vom Landkreis zu suchen. „Wir selbst sind leider zu schlecht personell aufgestellt, um dies regelmäßig anbieten zu können, daher würden uns Menschen mit großer Begeisterung für das Thema, dem Willen und den richtigen Hintergrund, sehr helfen“, so Klebe und Worm-Kressin. „Wir sind hier nie wirklich fertig und es wird eine Daueraufgabe bleiben, aber es lohnt sich“, fasst Worm-Kressin zusammen.
(Text & Fotos: nh)