„Ein Baby muss nichts leisten, um geliebt und anerkannt zu sein“: Impulsvortrag von Dr. Claas Cordemann in Helpsen
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(Bückeburg) Ein Baby kann einfach nur sein. Es muss nichts tun, um geliebt und anerkannt zu werden.

„Wenn es uns gelänge, diesen Geist der unbedingten Anerkennung und des unbedingten Geliebtseins in die Gesellschaft, in unsere beruflichen Zusammenhänge, in unsere Familien zu tragen – ich bin mir sicher, dass unsere Gesellschaft weniger von Missgunst und Spaltung bedroht wäre.“ Dies war einer der Schlüsselsätze im Vortrag von Dr. Claas Cordemann, der damit den Workshoptag für die Gemeindekirchenratsmitglieder aus den Gemeinden innerhalb der Landeskirche eröffnete. Der Coach und Leiter der FEA (Fortbildung in den ersten Amtsjahren) kam am 24. August als Gastredner in die IGS Helpsen, um auf Einladung der Landeskirche zum Thema „Warum ich gerne glaube.“ zu sprechen.

„Warum dieses Thema? Haben wir als Kirche aktuell nicht andere Fragen, die uns mehr unter den Fingernägeln brennen? Gibt es nicht Wichtigeres als die Frage, warum ich gerne glaube?“, fragte er die rund 140 Anwesenden an diesem Morgen und forderte damit gleich zu Beginn zum Austausch auf. Nicht die Frage nach dem Grund oder dem Nutzen des Glaubens stand im Vordergrund, sondern die bewusste Überlegung, warum wir gerne glauben. Und damit indirekt doch wieder nach dem Nutzen, denn was haben wir davon, gerne zu glauben?

„Die Erfahrung von Leid und Unrecht kann für den einen Menschen dazu führen, dass er nicht mehr an Gott glauben kann. Für den anderen Menschen kann dieselbe Situation zu einer vertiefen Glaubenserfahrung werden, weil sein Glaube ihm die Kraft gibt, die Situation durchzustehen.“, so Cordemann weiter.

Dr. Claas Cordemann.

Beide Entscheidungswege seien mit Respekt zu behandeln, denn hinter diesen Erfahrungen stehe ein ganzes Leben. Glaube darf Zweifel und Fragen haben. Insbesondere bei Krankheit oder wenn man einen geliebten Menschen verliert. Erstaunlicherweise frage jedoch niemand bei Gesundheit oder empfundenem Glück „Womit habe ich das verdient?“. Hier hilft der Glaube zu erkennen, dass scheinbar Selbstverständliches nicht selbstverständlich ist. Gerne zu glauben ist eine bewusste Entscheidung. In guten wie in schlechten Zeiten.

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Zurück zum Baby. Einer der zentralen Punkte der lutherischen Konfession ist die „Rechtfertigung allein aus Glauben“. Mit diesem Gedanken hatte sich Martin Luther dagegen ausgesprochen, dass der Mensch von sich aus etwas tun kann, um vor Gott Gerechtigkeit zu erlangen. Keine guten Taten und schon gar keine Ablasszahlungen. Cordemann hält diese Glaubenserkenntnis Luthers gerade in unserer spätmodernen Gesellschaft für immer noch höchst aktuell. „Wer viel leistet und gut performt, erfährt gesellschaftliche Anerkennung.“, fasste Cordemann zusammen. Anders als ein Neugeborenes, dem in der Taufe die unbedingte Liebe und Anerkennung Gottes zugesprochen werden. Wie anders sähe ein Miteinander in unserer Gesellschaft aus, wenn wir Menschen so unvoreingenommen sehen könnten, wie wir ein neugeborenes Baby sehen?

Nach diesem Impulsvortrag ging es für die GKR-Mitglieder in die verschiedenen Workshops, zu denen die Landeskirche eingeladen hatte. Etwa 100 von insgesamt ca. 330 GKR-Mitgliedern hatten sich angemeldet, darunter viele im März neu gewählte Mitglieder sowie bereits erfahrene Ehrenamtliche. Angeboten waren anspruchsvolle, aber für die Arbeit in den Gemeinden wichtige Themen rund um Finanzen, Kitas, Gebäudemanagement, ökumenische Partnerschaften und Zukunftsszenarien. Doch auch Musik, Spiritualität, Gottesdienstgestaltung und diakonisches Wirken standen auf dem Programm. Trotz der an diesem Tag vorherrschenden 30 Grad Außentemperatur war die Aula der IGS in Helpsen gut gefüllt. Für Abkühlung in der Mittagspause stand ein Eiswagen vor der Schule. Landesbischof Dr. Oliver Schuegraf zeigte sich beeindruckt angesichts der Teilnehmerzahl und dankte allen, die insbesondere an diesem Tag, aber auch in der Vorbereitungszeit mitgewirkt hatten. Mit einem Segen entließ er die Anwesenden am späten Nachmittag.

Zum Hintergrund: Die Leitung einer Kirchengemeinde ist Aufgabe des jeweiligen Gemeindekirchenrates. Seine Mitglieder treffen wichtige Entscheidungen über die Schwerpunkte im Gemeindeleben und im Gottesdienst, aber auch zu Haushalt, Baumaßnahmen und Personalentscheidungen. Die damit verbundene große Verantwortung bedarf eines besonderen Wissens um kirchliche Ordnungen und Regeln sowie beruflicher Fachkenntnisse und natürlich Kenntnisse zur Gemeinde selbst. GKR-Mitglieder stammen daher häufig aus Bereichen des Handwerks, verschiedener Rechts- und Steuerfachgebiete oder dem Planungswesen. Die reguläre Amtszeit im GKR beträgt sechs Jahre.

(pr/Fotos: pr)

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