(Bückeburg) Es war ein riesiger Schreck für viele Bückeburger Eltern – ein Schreck, der nach Meinung der Bückeburger Politiker hingegen vermeidbar gewesen wäre. Denn auch diese zeigen sich nicht begeistert von dem Verwaltungsvorschlag, den Elternbeitrag für die Kinderbetreuung in Bückeburg saftig anzuheben. Fraktions- und gruppenübergreifend präsentiert die Politik nun eine alternative Gebührenrechnung, die für Eltern tragbarer und der Bückeburger Familienfreundlichkeit zuträglicher sein soll.
Dabei hätten auch die anwesenden Politiker erst am Freitag vor der Sitzung (diese war am darauffolgenden Dienstag) Einsicht in die Zahlen bekommen – viel zu wenig Zeit, um darüber entsprechend zu beraten und zu reagieren. Dementsprechend sei das Ausschussgremium bei Vorstellung des Verwaltungsvorschlags diesem nicht gefolgt, sondern habe Aufschub für weitere Beratungen beantragt. Dass sich nun alle Fraktionen in aller Einigkeit äußern, zeigt die Dringlichkeit der Debatte – die Gebührenerhöhungen sollen bis zum 1. August umgesetzt werden, müssen aber noch vom Rat abgesegnet werden. Aber wohl definitiv nicht in der von der Verwaltung präsentierten Form, sind sich die Politiker einig.
Der Verwaltungsvorschlag beinhaltete unter anderem eine nahezu 100-prozentige Erhöhung bei der Mittagsverpflegung im Kindergarten, mehr als 80 Prozent Erhöhung in der Hortbetreuung, rund 32 Prozent Mehrkosten bei der Krippenbetreuung, und auch die Kosten für die Randzeitenbetreuung sollen kräftig angehoben werden: Von 12 auf 14.50 Euro für eine halbe Stunde.
„Natürlich sind die Energie- und vor allen Dingen Personalkosten gestiegen – aber diese Kosten den Eltern anzulasten, ist nicht mit dem Credo Familienfreundlichkeit der Stadt unter einen Hut zu bringen“, so die Politiker in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz im Rathaus. Dass das Betreuungspersonal ansprechend bezahlt werde, sei richtig und wichtig, damit die Qualität der Betreuungsangebote weiter auf hohem Niveau bleibe. Dennoch würden die nun von der Verwaltung vorgeschlagenen finanziellen Mehrbelastungen viele Familie in die Bredouille bringen – im schlimmsten Fall können Sie sich die Betreuung nicht mehr leisten, ein Elternteil müsste zuhause bleiben. „Es geht auch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die damit gefährdet würde“, sind sich Sandra Schauer, Fraktionsvorsitzende der SPD, sowie Iris Gnieser für die CDU, sicher.
Fast 100 Prozent Erhöhung – die Bückeburger Politik geht diesen Schritt nicht mit
Das die Kosten für die Mittagsverpflegung steigen werden und müssen, das sehen auch die Politiker. Hier ist eine neue Ausschreibung notwendig und die Sätze wurden viele Jahre nicht angepasst. „Diese Erhöhung müssen wir wohl zum Teil weitergeben, aber nicht um 100 Prozent“, ist sich Judith Meier (CDU) sicher. Die Rechnung der Verwaltung sei in Anbetracht der angesetzten Parameter zwar richtig, aber eine Weitergabe an die Eltern in dieser Form nicht duldbar. Im gegenseitigen Austausch sein die Fraktionen schnell auf einen Nenner gekommen und präsentieren nun ihrerseits einen Gegenvorschlag.
„Es tut uns sehr leid, was diese Diskussion bei den Eltern ausgelöst hat. Diese Unruhe wäre absolut vermeidbar gewesen“, macht Schauer deutlich. In dem neuen Vorschlag sind die Erhöhungen wesentlich moderater – für die Hortbetreuung etwa wird eine Steigerung von 3,75 Prozent auf 207 Euro zum 1.8.24 vorgeschlagen. Zum 1.8.25 sollen sich die Beiträge dann nochmal erhöhen, dann auf 215 Euro monatlich für die Hortbetreuung. Damit betrüge der Elternanteil an den Betreuungskosten 25 Prozent. „Alle anderen Zahlen wären für die Eltern schlecht leistbar“, so Schauer. Für den Krippenbereich haben die Politiker in ihrem Vorschlag die Steigerungen auf rund 17 Prozent gedeckelt, auch die Kosten für die Verpflegung sollen ihrer Ansicht nur um 41 Prozent steigen auf 85 Euro pro Monat – der Elternanteil an der Verpflegung würde dann 70 Prozent betragen.
Die Zahlen hätten die Politiker anhand des Vergleiches mit Nachbarkommunen ermittelt. „Damit liegen wir im guten Mittelfeld“, erklärt Marita Döhler (SPD). „Wir wollen die Qualität der Kitas stabilisieren und das Angebot nicht ausdünnen. Unser Vorschlag stellt einen vernünftigen Kompromiss dar, nun müssen wir halt sehen, wo im Haushalt die notwendigen Gelder herkommen werden“, fügt Wilhelm Klusmeier (Grüne) hinzu. Dabei brechen die Politiker aber auch eine Lanze für die Verwaltung: „Hier glühen die Drähte und Kugelschreiber heiß auf aufgrund der Schulsanierungen und zahlreichen Projekten, das erklärt vielleicht auch die Kurzfristigkeit, in der uns die Zahlen präsentiert wurden“.
Die kommenden Steigerungen wollen auf zwei Jahre gestaffelt werden, mit der Einführung des verpflichtenden Ganztages ab 2026 muss die Finanzierung der Betreuung ohnehin neu diskutiert werden, da viele Parameter diesbezüglich noch im Unklaren liegen würden: „Wir haben hier einen zumutbaren Mittelweg. Familien und Kinder sollten nicht zum Spielball zwischen Land und Stadt gemacht werden und es ist von gesamtgesellschaftlichem Interesse, die Kinderbetreuung mit Blick auf die Zukunft auszustatten“. Der Vorschlag der Fraktionen muss nun erneut in den entsprechenden Gremien diskutiert werden, damit ein Ratsbeschluss noch vor der Sommerpause erfolgen kann – sonst kann eine Realisierung zum 1.8., also zum neuen Schul- und Betreuungsjahr, nicht erfolgen. Dafür tagt am Montag, 10. Juni, der Jugend- und Familienausschuss erneut zu dieser Thematik.
(nh)