Cannabis-Netzwerk Schaumburg möchte informieren, aufklären und Hanfpflanze vielfältig nutzen
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(Bückeburg) Beschaulich zwischen Äckern und Wiesen, alten Streuobstbeständen und Bauernhöfen befindet sich ein Forschungszentrum, das sich seit längerem umfassend mit dem vielfältigen Nutzen einer Pflanze auseinandersetzt: Das Cannabis-Netzwerk Schaumburg, Vereinssitz im Extertal, tüftelt hier zusammen mit der Firma Zackenblatt an den unzähligen Einsatzmöglichkeiten der Erzeugnisse aus der Hanfpflanze – zahlreiche gesetzliche Reglementierungen bremsen aber die Entwicklung.

Uwe Drinkuth (li.) und Jochen Conrath wollen die Cannabis-Pflanze und ihren Nutzen entstigmatisieren und haben sich mit anderen Gleichgesinnten im Cannabis-Netzwerk Schaumburg zusammengetan.

„Nutzhanf hat so viel Potential, wird jedoch seit Jahrzehnten sträflich vernachlässigt“, konstatieren Uwe Drinkuth und Jochen Conrath, Vorstand des im Mai gegründeten Cannabis-Netzwerks Schaumburg. Als Unterverband des Cannabis-Netzwerkes Deutschland hat sich der Verein auf die Fahne geschrieben, rund um das Thema Cannabis, die Hanfpflanze, ihren Nutzen, ihre Anwendungsgebiete und auch ihren Gebrauch als Genussmittel zu informieren und einen regen Informationsaustausch anzuregen. Denn noch immer stehe Cannabis zumeist als Betäubungsmittel in der Wahrnehmung – dabei kann die Pflanze so viel mehr. Mit der nahenden Legalisierung erhoffen sich beide auch einen weniger reglementierten Umgang mit den aus der Pflanze gewonnenen Produkten. Denn gerade bei der Verarbeitung zu allem, was unter dem Label „Lebensmittel“ läuft, sind die gesetzlichen Vorgaben nicht nur äußerst strikt, sondern auch oft undurchsichtig. Und davon können Drinkuth und Conrath ein Lied singen.

Anbau nach Anmeldung

Alles fing bereits 2016 an: Von einen Bekannten, dessen Vater als Schmerzpatient nach Alternativen zu den herkömmlichen Medikamenten suchte, bekam Uwe Drinkuth die Anregung, Cannabis anzubauen – denn das ist in Deutschland ausschließlich Landwirten, nach vorheriger Anmeldung, vorbehalten. Dabei will das zuständige Bundesamt natürlich ganz genau wissen, welche Sorte auf welcher Fläche in welcher Größe angepflanzt werden. „Schwierig wird es dann bei der Ernte, denn die wird vom Amt für Lebensmittelsicherheit getestet“, erklärt der Landwirt.

Bei der beispielsweise damals geplanten Verarbeitung zu Kapseln darf ein gewisser THC-Wert nicht überschritten werden – jedoch ist beim Anbau oft nicht Mikrogramm-genau planbar, wie viel der Stoffe schlussendlich in der Pflanze, die sich relativ einfach und ohne Pestizide anbauen lässt, enthalten sind. Über die Jahre hat Zackenblatt Hanföl, Tees, CBD-Öl und vieles mehr entwickelt – lange auf dem Markt, wenn überhaupt, durften die Produkte jedoch nicht bleiben.

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Viele mögliche Vertriebswege

Drinkuth hat über die Zeit viel Geld, Zeit und Muße in das Projekt Cannabis investiert und vieles ausprobiert, „aber kaum Geld verdient. Aber wir sind überzeugt davon, denn Hanf kann viele der heutigen Probleme lösen“. Denn über die Jahre haben die Verantwortlichen der Firma „Zackenblatt“ zahlreiche mögliche Vertriebswege ausgemacht: Als Nahrung wie Tee oder Hanföl, als Holzpellets zu Energiegewinnung, die Verarbeitung zu Textilien, Papier, Tierfutter, Kosmetik oder Medikamente. Sogar zu Baustoffen kann die Pflanze verarbeitet werden – Hanf hat als Dämmmaterial eine gute Wirkung, nimmt keine Feuchtigkeit auf und ist nachhaltig im Anbau und der Entsorgung. Sogar als Hanfbeton oder Steine ist die Pflanze nutzbar, ebenso lassen sich auch Kunststoffe aus ihr herstellen. „Über die Jahre konnten wir viel Wissen aufbauen“, konstatieren Drinkuth und Conrath.

Austausch im Netzwerk

Dieses wird nun innerhalb des neugegründeten Vereins „Cannabis Netzwerk Deutschland“ mit den inzwischen rund 80 Mitgliedern ausgetauscht und vermehrt. Die Mitglieder sind dabei so vielfältig wie die Gesellschaft an sich. „Wir wollen den Nutzen der Hanfpflanze vorantreiben und das Thema in die Öffentlichkeit bringen. Wir möchten Cannabis entstigmatisieren und dafür sorgen, dass es nicht nur als Rauschmittel gesehen wird“, so der Vorstand. Dafür finden regelmäßige Treffen statt, in denen sich Ideen entwickeln können. In Zukunft wären auch Kurse, etwa zu Anbau und Pflege, Veranstaltungen, aber auch Angebote wie eine Suchtberatung denkbar. Mit der Legalisierung wäre durchaus auch das Engagement als Cannabis Social Club möglich – auch wenn dieser Nutzen bisher nicht im Fokus des Vereins liegt. „Bereits vor hunderten Jahren wurde die Pflanze verwendet, aber leider geriet das in Vergessenheit“, fügt Conrath an. Denn auch für ihre Umwelt ist die Pflanze nützlich: Der Hanfacker speichert viermal mehr CO2 als der Wald, die Pflanze wächst schnell, braucht dafür noch nicht mal Pflanzenschutzmittel oder Dünger, verbessert aber den Boden nachhaltig durch eine gute Durchwurzelung und ist beliebter Anlaufpunkt für 17 Wildbienenarten. „Leider bleiben durch die einseitige Betrachtung des Themas viele Vorzüge auf der Strecke“, ärgert sich Conrath.

Wirtschaftlich an das Thema herangehen

„Es ist generell gut, dass Cannabis nun entkriminalisiert wird für eine bessere Regulierung für die Konsumenten. Leider ist eine wirtschaftliche Weiterentwicklung nicht gewollt, aber vielleicht bewegt sich ja auch in Sachen Nutzhanf etwas und die Grenzwerte für Produkte werden hochgesetzt. Dann würden es auch mehr Menschen wagen, in die Infrastruktur und den Vertrieb zu investieren“, so Conrath, der aus Interesse einst als Erntehelfer auf den Cannabis Feld zu Drinkuth und Zackenblatt kam. „Mit der Machete durch das Hanffeld, das hat schon Spaß gemacht“, erinnert er sich zurück. Inzwischen hat er sich umfassend mit dem Thema beschäftigt und macht gerade seinen „Cannabis Master of Industries“ an der Cannabis Akademie. „In Amerika sind sie da schon weiter. Mit der Legalisierung hoffen wir, dass auch Nutzhanf künftig anders behandelt wird“, Conrath abschließend. (Text & Fotos: nh)

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