Erklärungsversuche und Vorwürfe: Stadtrats-Mehrheitsgruppe in Bückeburg kritisiert Medien für Darstellung der Lindenthematik
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(Bückeburg)  Eine denkwürdige Sitzungswoche liegt hinter Ratsmitgliedern, Verwaltung, Bürgern und der Presse. Mit großem Publikum diskutierte zunächst der Klima- und Umweltausschuss und schloss sich der Empfehlung des Bürgermeisters an, zu den ursprünglichen Planungen zurückzurudern und alle Bäume in der Innenstadt zu erhalten.

In der Ratssitzung sollte nun schlussendlich entschieden werden – jedoch nicht bevor sich die einzelnen Fraktionen ein letztes Mal erklärend oder belehrend äußerten. Auffällig waren die Rechtfertigungen der Mehrheitsgruppe CDU/Grüne, die ihrerseits eine unsachliche Diskussion in der Bevölkerung, ungerechtfertigte Anschuldigungen an Ratsmitglieder und mangelnde Information durch die Presse beklagte. CDU-Fraktionsvorsitzende Iris Gnieser konstatierte ihre Meinung: „Das eigentliche Ziel der Maßnahme ist nicht klar geworden“. Vielmehr sei mit der Umgestaltung, also nicht nur dem Austausch der Bäume, sondern der Aufwertung durch Sitzgelegenheiten, Fahrradabstellanlagen und weiteren Maßnahmen, eine Aufwertung der Aufenthaltsqualität geplant gewesen. „Hier wurde nicht immer sachlich diskutiert. Es gab viele Beschuldigungen gegen Ratsmitglieder, dabei versuchen diese nur, das Beste für die Stadt umzusetzen“.

Das empfinde sie als ungerecht und begründete diesen Umstand damit, dass „die Presse unsere Mitteilungen nicht in Gänze abgedruckt hat. Viele Informationen sind somit auf der Strecke geblieben und deswegen wurden Sie leider nicht richtig informiert“. Nun plädiere die CDU ebenfalls für den Erhalt der Bäume. Auch Wilhelm Klusmeier, Fraktionsvorsitz Die Grünen, schloss sich der Meinung der Mehrheitsgruppe an, sowohl dass „unsere Meinung keine Darstellung in der Presse gefunden hat“, als auch für den Erhalt der Bäume und die Vermeidung von Stolperstellen. (Text & Fotos: Nadine Hartmann)

Presse als pauschaler Prügelknabe (ein Kommentar von Nadine Hartmann)

Das Gremium hat entschieden: Die Bäume in der Innenstadt bleiben, die Entscheidung aus dem Februar wurde zurückgenommen. Der Aufschrei der Bürger war laut, zu laut – und dementsprechend hat die Politik nun reagiert.

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Soweit ein gutes Ende, doch ein Geschmäckle bleibt: Die verzweifelten Erklärungsversuche der CDU durch Iris Gnieser und der Grünen durch Wilhelm Klusmeier, den mächtigen Bürgerwillen durch fehlende/mangelnde Information durch die Presse zu rechtfertigen, waren nicht nur schwach, sondern auch sehr unreflektiert. Zum einen hat sich „die Presse“ – damit meine ich nicht nur dieses Medium, sondern alle heimischen Medien – ausgiebig mit diesem Thema beschäftigt.

Erschöpfend, erklärend, von mehreren Seiten beleuchtend wurde seit Februar Monate lang berichtet, tausende Zeilen veröffentlicht. Parallel geht auch der öffentliche Diskurs nicht erst seit gestern – Gnieser und Mehrheitsgruppenkollegen hatten lange und ausgiebig Zeit, sich auf diversen Kanälen zu äußern und zu erklären, diese Chance aber sehr lange vertan. Nun auf den letzten Metern, als die Luft richtig dünn wurde, Pressemitteilungen zu zimmern (die übrigens sehr wohl veröffentlicht wurden), und bei Ausbleiben der erhofften Wirkung mit dem nackten Finger pauschal auf „die Presse“ zu halten, um vor den anwesenden 50 Bürgern das Gesicht zu wahren, wirkt wie ein verzweifelter und recht misslungener Versuch, das „Ping-Pong-Spiel“ dieser Planungen, wie Andreas Paul Schöniger (Freie Wähler) das Dilemma passend im Klimaauschuss bezeichnete, irgendwie ins rechte Licht zu rücken.

Anfang des Jahres, im Zuge der Diskussionen um die Montagsdemonstrationen, wurde unter anderem noch gewarnt, zu pauschalisieren, mit dem Finger zu zeigen und sich selbst und die Kommunikation mit den Menschen da draußen, den Bürgern, nicht ausreichend zu hinterfragen – nun tappen einzelne Ratsmitglieder in die gleiche Falle, anstatt eventuell eigene Versäumnisse einzugestehen.

Lediglich Bürgermeister Axel Wohlgemuth (CDU) schaffte hier eine reflektiertere und durchaus authentische Erklärung gegenüber den anwesenden Bürgern: „Sie haben mir letztes Jahr ihr Vertrauen ausgesprochen. WIR konnten Sie nicht überzeugen von unserer Entscheidung. Ich habe die Lehre gezogen: WIR müssen die Bürger stärker einbinden“.

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