„Winterreifen“ und „Schneeketten“: Niedersachsen stellt „Corona-Fahrplan“ für Herbst und Winter 2022 vor
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(Niedersachsen) Die Niedersächsische Gesundheitsministerin Daniela Behrens hat am (heutigen) Dienstag die Planungen der Landesregierung für die Corona-Maßnahmen im kommenden Herbst und Winter vorgestellt.

Basisschutz

Der „Corona-Fahrplan“ der Landesregierung sieht zunächst vor, dass die derzeit gültigen Basismaßnahmen der Corona-Verordnung im Grundsatz bestehen bleiben. Im ÖPNV soll allerdings mit Inkrafttreten der neuen Corona-Verordnung eine medizinische Maske ausreichen. Dies ist die Tendenz in fast allen anderen Bundesländern, im Interesse einer bundeseinheitlichen Regelung schließt Niedersachsen sich an. In Krankenhäusern und Pflegeheimen bleibt es bei einer FFP2-Maskenpflicht. Es besteht eine Testpflicht, die allerdings bei geimpften bzw. genesenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf zweimal pro Woche reduziert werden kann. Der Verordnungs-Entwurf wird in Kürze mit dem Landtag sowie den Kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt werden.

„Nach dem Abflachen der Sommerwelle befinden wir uns derzeit in einer Situation, die von einem gewissen Grundrauschen bei den Infektionen und einer vergleichsweise unkritischen Situation in den Krankenhäusern geprägt ist“, erklärte Ministerin Daniela Behrens.

Die Experten sagen allerdings eine Steigerung der Infektionszahlen in den kommenden Wochen und Monaten voraus. Gründe dafür sei die Verlagerung von Aktivitäten in Innenräume und die Saisonalität des Virus.

Dazu Behrens: „Wie hoch diese Welle ausfallen wird, ist noch nicht absehbar. Niedersachsen wird jedoch mit dem heute vorgestellten Fahrplan auf alle Szenarien vorbereitet sein.“ Insgesamt blicke sie angesichts einer hohen Grundimmunität in der Bevölkerung, dank einer hohen Impfquote, der Verfügbarkeit angepasster Impfstoffe und wirksamer Medikamente sowie der weiterhin vorherrschenden und vergleichsweise milden Omikron-Variante BA.5 optimistisch auf den kommenden Herbst.

Bei den weiteren Szenarien nutzt die Landesregierung symbolischer Bezeichnungen aus dem Straßenverkehr:

Stufe 1 („Winterreifen-Szenario“): Höhere Belastung des Gesundheitssystems

Bei einer deutlichen Verschärfung der Lage, die sich in einer schwierigen Situation in den niedersächsischen Krankenhäusern ausdrücken würde, sind in Stufe 1 des Stufenplans schärfere Schutzmaßnahmen geplant.

Die Schwellenwerte sollen dabei bei einer 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz pro 100.000 Einwohnern von mehr als 15 und einer gleichzeitigen Auslastung der Intensivkapazitäten mit COVID-Patienten von mehr als 10 Prozent liegen. Angesichts der weitgehenden Entkoppelung der 7-Tage-Inzidenz von der Belastung der Krankenhäuser aufgrund schwerer Krankheitsverläufe ist sie als Indikator zukünftig nicht mehr per se maßgeblich für Verschärfungen der Schutzmaßnahmen.

Allerdings bleibt die 7-Tage-Inzidenz weiter von Bedeutung, um die Entwicklung des generellen Infektionsdrucks in der Bevölkerung zu messen. Bei einer sehr hohen Viruslast kann es zu größeren Personalausfällen und damit zu einer übermäßigen Belastung der Kritischen Infrastruktur kommen.

In Stufe 1 soll zusätzlich zu den Basisschutzmaßnahmen eine allgemeine Maskenpflicht in Innenräumen gelten. Diese Pflicht gilt auch in der Gastronomie sowie bei Veranstaltungen im Innenbereich. Setzen Betriebe auf tagesaktuelle Tests als Zugangsbeschränkung, unabhängig vom Impfstatus, sind Ausnahmen von der Maskenpflicht möglich. Eine Maskenpflicht gilt in Stufe 1 auch für die Beschäftigten an Schulen, um das Personal zu schützen und den Präsenzunterricht abzusichern.

Ministerin Behrens: „Nach heutigem Stand wird es dazu vornehmlich dann kommen, wenn neue Varianten des Virus auftauchen, die schwerere Verläufe nach sich ziehen als die bisher vorherrschende Omikron-Variante BA.5. Das Maskentragen wird dann in vielen Situationen die Antwort sein.“

Stufe 2 („Schneeketten-Szenario“): Massive Belastung des Gesundheitssystems

Bei einer sich abzeichnenden extremen Belastung der Krankenhäuser ist für die meisten zusätzlichen Maßnahmen der Stufe 2 nach dem Infektionsschutzgesetz ein Landtagsbeschluss zur „Feststellung einer konkreten Gefahr“ erforderlich. Die Landesregierung würde den Landtag in dieser Situation um die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens bitten.

Die Grenzwerte für Stufe 2 liegen höher als sie bisher im Pandemieverlauf in Niedersachsen erreicht wurden (7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz mehr als 20, Intensivbettenauslastung mit COVID-Patienten höher als 15 Prozent).

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In Stufe 2 gilt: FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen, ebenso bei Veranstaltungen draußen, wenn Abstände nicht eingehalten werden können. Für Schüler ab Klasse 5 gilt dann Maskenpflicht im Unterricht und eine Corona-Testpflicht, zwei Mal pro Woche. In öffentlich zugänglichen Innenräumen sowie der Gastronomie und bei Veranstaltungen sind in diesem Szenario verpflichtende Hygienekonzepte und Abstandsgebote vorgesehen.

„Dies ist das mit Abstand unwahrscheinlichste Szenario, aber wir müssen auch darauf Antworten haben, falls es wider Erwarten eintritt“, so Gesundheitsministerin Behrens.

Indikatoren und Personalausfall

Neben den dargestellten Grenzwerten im Krankenhausbereich bleibt die Inzidenz grundsätzlich weiter von Bedeutung, um die Entwicklung des generellen Infektionsdrucks in der Bevölkerung zu messen.

Die Erfahrungen mit der Frühjahrswelle und der Sommerwelle belegen, dass ab einer 7-Tage-Inzidenz jenseits der 2.000 eine Anpassung der Maßnahmen geprüft werden sollte. Mit Blick auf Personalausfälle muss dann eine wegen der hohen Viruslast drohende übermäßige Belastung der Kritischen Infrastruktur verhindert werden.

Der mögliche Personalausfall ist in allen Szenarien und insbesondere im Bereich der Krankenhäuser ein wichtiger Faktor. Die maximale angenommene Kapazität der Intensivstationen wird bei der Berechnung des Indikators „Intensivbetten“ vor diesem Hintergrund von 2.350 auf 2.285 Betten reduziert.

Ministerin Behrens: „Sehr wahrscheinlich werden in den kommenden Wochen und Monaten viele Niedersachsen an COVID erkranken und vorübergehend bei der Arbeit fehlen. Unternehmen, Behörden und Einrichtungen sollten sich dort, wo das möglich ist, mit klaren Vertretungsregeln und möglichst großzügigen Homeoffice-Regelungen darauf einstellen. Darüber hinaus kann sich jede und jeder im Herbst und Winter selbst schützen, indem sie oder er in risikoreichen Situationen eine FFP2-Maske trägt, auch wenn die Belastung des Gesundheitssystems noch keine allgemeine Maskenpflicht rechtfertigt. Die Maske ist ein sehr gutes Mittel, um sich vor einer Infektion zu schützen.“

COVID-Schutzimpfungen

Insgesamt weist Niederachsen in allen Bereichen überdurchschnittliche Impfquoten auf: Grundimmunisiert sind 77,8 Prozent der Bevölkerung, die 1. Auffrischungsimpfung haben 66,8 Prozent erhalten und 12,3 Prozent sind bereits ein viertes Mal geimpft.

Derzeit sind 145 Impfteams in den Kommunen im Einsatz. Bei Bedarf kann diese Zahl kurzfristig weiter aufgestockt werden. Auch die Praxen der niedergelassenen Ärzte stehen für die Auffrischungsimpfungen bereit.

Darüber hinaus gibt es ausreichend Impfstoff. Der an die Varianten BA.4 und BA.5 angepasste Impfstoff soll nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums bereits in der kommenden Woche auch in Niedersachsen zur Verfügung stehen. Die STIKO empfiehlt vor einer vierten Impfung grundsätzlich einen Abstand von sechs Monaten zum letzten Ereignis (Infektion oder Impfung).

„Durch die vielen Infektionen in der Sommerwelle ist diese Frist für viele Niedersachsen noch gar nicht abgelaufen“, so Behrens. „Ich erwarte daher weder Engpässe beim Impfstoff noch bei den Impfterminen.“

Bei den Bürgern in Niedersachsen über 60 sei die Quote für die vierte Impfung mit 34,7 Prozent bereits vergleichsweise gut. „Diese gilt es in den kommenden Wochen weiter zu verbessern. Nehmen Sie die zweite Auffrischungsimpfung bitte unbedingt in Anspruch und schützen Sie sich vor einem schweren Krankheitsverlauf!“, appellierte Behrens.

(Quelle: Niedersächsische Staatskanzlei)

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