„Probleme können nicht nur vom Schreibtisch gelöst werden“: SHG-Aktuell im Exklusiv-Interview mit Obernkirchens Bürgermeisterin Dörte Worm-Kressin
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(Obernkirchen) Seit Anfang November 2021 sitzt eine neue Bürgermeisterin im Rathaus: Dörte Worm-Kressin. SHG-Aktuell-Redakteurin Nadine Hartmann hat sich mit der Verwaltungschefin der Stadt Obernkirchen zum Gespräch getroffen, um mehr über die anstehenden Monate und Herausforderungen für Politik und Bürger zu erfahren.

Nadine Hartmann: Frau Worm Kressin, nun sind Sie knapp drei Monate im Amt: Wie verlief ihr Start und was möchten Sie vielleicht künftig anders machen als ihre Vorgänger?

Dörte Worm-Kressin: Der Start lief sehr gut. Ich kenne die Kollegen ja schon und habe mich sehr auf die Aufgabe und ein gutes Miteinander gefreut. Es ist wichtig, miteinander zu sprechen und die Kommunikation weiter zu verbessern. Wir müssen offen sein für alle Themen und alle Bürger ernst nehmen, im Rathaus und auch außerhalb.

Um Bedarfe zu erkennen, muss man auch rausgehen. Bestimmte Dinge sollte man sehen und erleben – Probleme können nicht nur vom Schreibtisch aus gelöst werden. Von besonderer Wichtigkeit ist mir die Kommunikation – wir müssen miteinander reden und nicht über einander. Hierzu gehört es auch, die Gründe für Verwaltungshandeln transparent zu machen und zu erläutern. Vielfach gibt es Sachzwänge oder rechtliche Vorgaben, die den Handlungsspielraum einengen – das müssen wir noch mehr erläutern, um überzeugen zu können.

NH: In Anbetracht der Eröffnung der neuen AWO-Kita: Wie ist es um die Kinderbetreuung in Obernkirchen gestellt?

DWK: Grundsätzlich sind wir gut aufgestellt. Die städtischen und freien Träger ergänzen sich gut und mit dem Krippen-Neubau unter städtischer Führung in Gelldorf wird das Angebot zusätzlich erweitert. Abgerundet wird dies durch Tagespflegepersonen.

Was wir weiter in den Fokus nehmen, ist die Ganztagsbetreuung. Corona ist da leider eine Art „Hemmschuh“, die Vermischung der Kinder ist die größte Herausforderung. Was während der Pandemie von den Erziehern geleistet wird, finde ich großartig. Viele unserer Einrichtungen sind sehr gut aufgestellt, doch es wird schon ersichtlich, dass sich die Betreuungssituation verändert. Der Bedarf an Ganztagsplätzen wird größer. Wir werden weiter sehen, wie wir die Randzeitbetreuung ausbauen können. Die Kitas sind bei diesem Thema auch im engen Kontakt zu den Eltern.

NH: Es kommt Leben in das Haus am Bornemannplatz: Wie wird sich die Jugendarbeit dort entwickeln und was für weitere Projekte sind dort noch geplant?

DWK: Das Haus am Bornemannplatz ist wirklich ein Gewinn für Obernkirchen – ein Haus für alle Generationen und für die Begegnung. Der Außenbereich soll noch attraktiver gestaltet werden in naher Zeit. Derzeit ist dort das Familienpatenprojekt des Kinderschutzbundes beheimatet, ebenso die klassische Jugendarbeit, aber auch Vereine und einzelne Gruppen treffen sich dort. Koch- und Bastelprojekte für junge Menschen finden dort statt, und auch politische Sitzungen werden hier abgehalten. Da ist immer bis abends Betrieb, auch eine Bühne gibt es dort für Veranstaltungen.

Fast alles in dem Haus möglich – Kulturveranstaltungen, Versammlungen, Jahreshauptversammlungen und vieles mehr. Wir wollten unseren Fokus erweitern und den Jugendlichen einen Anlaufpunkt geben. Dafür müssen wir alte Strukturen durchbrechen und alle Bürger integrieren.

NH: Wie ist der Fahrplan für die Grundschulsanierung und was wird genau gemacht?

DWK: Schon einiges ist bereits passiert: Die Anbindung an das Breitband und W-Lan läuft, wenn auch nicht ganz problemlos. Generell ist das Gebäude kein Neubau, daher werden wir weiter investieren müssen in die technische Modernisierung und auch die Digitalisierung. Die Materialknappheit derzeit macht es noch schwieriger. An sich ist das eine tolle Schule mit viel Grün und einem schönen Innenhof, die ganz viel Potential hat. Wir müssen zusammen gucken, das wenige Geld, was wir als Kommune haben, für einen Mehrwert dort einzusetzen.

NH: Wie wird es mit dem „Sorgenkind“ Sonnenbrinkbad weitergehen?

DWK: Das Sonnenbrinkbad ist ein Herzensprojekt von uns allen. In meiner Generation haben nahezu alle Kinder dort schwimmen gelernt. Gut, dass es nun wieder in städtischer Hand ist. Wir müssen offen mit der Thematik umgehen, wie wir das Bad ertüchtigen können und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Attraktivität zu steigern. Dabei ist die Anlage kein Neubau, und die Kommune hat wenig Geld. Wir müssen uns ein Bild verschaffen, Bedarfe aufschreiben und ein Konzept erstellen, wie wir gemeinschaftlich, mit den Bürgern, es schaffen können, diesen Ort für den Menschen so zu gestalten, dass sie gerne kommen.

Das Bad kann ein großer Gewinn sein, mit einer tollen Außenanlage. Wir müssen mit liebevollem Blick gestalten und das Bad technisch bestücken. Ich bin positiv gestimmt, auch wenn wir erheblich investieren müssen. Das Miteinander im Ehrenamt hat viel für das Bad getan, aber kann natürlich nicht alles leisten. Wir werden einen konkreten Plan entwickeln für diesen Ort der Emotionen und Erinnerungen.

NH: Wie ist es um den diesjährigen Haushalt gestellt und wo liegen Investitionsschwerpunkte?

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DWK: In diesem Jahr haben wir erneut einen Doppelhaushalt. Das vergangene Jahr konnten wir besser abschließen als erwartet, nun wollen wir mit der Hilfe von Fördermitteln einige Maßnahmen starten. Generell wäre mehr Co-Finanzierung nötig. Aber wir schauen, dass wir mit den Geldern, die wir haben, gut investieren und die ländliche Lebensqualität in Obernkirchen aufrechterhalten. Unter anderem investieren wir in die Grundschulertüchtigung und in die Innenstadt. Hier hilft das Förderprogramm „Perspektive Innenstadt“.

NH: Zum Thema Innenstadt: Diese befindet sich in einem verbesserungswürdigem Zustand. Was ist geplant, um die Innenstadt attraktiver zu machen?

DWK: Im Rahmen des Förderprogramms wollen wir die Aufenthaltsqualität steigern. Dafür betrachten wir den Marktplatz, die Friedrich-Ebert-Straße und Bornemannstraße gemeinschaftlich und überlegen, wie wir die Menschen mehr dazu einladen können, hier zu verweilen. Oft sind es Kleinigkeiten. Es gibt eine politische Arbeitsgruppe, die sich mit dem Thema beschäftigt. Dabei haben wir zeitlichen Druck, denn bis März müssen die Förderanträge gestellt werden. Wir brauchen Manpower und einen guten Architekten, um es schönzumachen.

Im Handelssektor hingegen ist es schwer. Es wäre toll, wenn wir die Leerstände mit kleinen Handwerksbetrieben, speziellen Geschäften oder Cafés füllen könnten. Daher soll das Leerstandsmanagement professionalisiert werden und die Meldung und Abfrage einfacher gestalten. Die Innenstadt ist toll, mit einem historischen Stadtkern, daher müssen wir auch das Marketing der Stadt besser nach außen tragen. Das Potential ist da, zudem haben wir zahlreiche Parkplätze und viel ist fußläufig erreichbar.

Dörte Worm-Kressin ist seit dem 1. November 2021 Bürgermeisterin von Obernkirchen.

NH: Das Bildhauersymposium war das kulturelle Highlight im vergangenen Jahr in Obernkirchen. Was wartet dieses Jahr an kulturellen Leckerbissen auf die Bürger?

DWK: Das Symposium war schon besonders, findet aber auch nur alle drei Jahre statt. Im Trafohaus werden wieder Veranstaltungen stattfinden, und auf dem Kirchplatz ist für Ende August eine große Musikveranstaltung geplant. Wir überlegen derzeit, was wir noch anbieten könnten, um Begegnungen zu ermöglichen. Es gibt eine Anfrage für ein Open-Air-Theaterprojekt. Dafür steht unsere Stadt: unaufgeregt und nicht übertrieben, mit familiärem Charakter, doch auch besonderen Herausforderungen für die ehrenamtlich Tätigen in diesem Bereich, beispielsweise vom Kulturverein.

NH: Was wird sonst noch wichtig für die Bürger?

DWK: Ich hoffe, dass dieses Jahr ein gutes für die Bürger und Stadt wird. Dass das Miteinander wieder möglich wird und wir Bereiche für Begegnungen schaffen. Die Einrichtung von Tempo-30-Zonen und das Klima werden Themen sein, um die Ausrichtung der Stadt auf Nachhaltigkeit weiter zu forcieren. Wir müssen uns nach vorne entwickeln – moderne, digitale werden und jeden Tag daran arbeiten. Die E-Mobilität sollte gefördert werden, mit einer weiteren Lademöglichkeit für E-Autos und Parkmöglichkeiten für E-Räder.

Wir werden die Perlen in den Fokus rücken und erlebbar machen für ein gutes Miteinander und auch die Neubürger dabei integrieren.

Ein weiteres großes Projekt wird der Neubau der Feuerwehr Krainhagen/Röhrkasten sein. Ebenso die Sanierung der Liethhalle und geplante Projekte im Bereich Regenwasserkanalsanierungen/-anbindungen.

NH: Zu guter Letzt: Was schätzen Sie persönlich an ihrer Stadt und wie sieht für Sie persönlich ein perfekter freier Tag in Obernkirchen aus?

DWK: Ich finde den Kernstadtbereich besonders schön – ein bisschen mediterranes Flair, dazu gutes Wetter und Unterhaltungsprogramm, unschlagbar. Ich bin in Berlin aufgewachsen und lebe in Krainhagen und halte noch immer oft an, um diese Ausblicke hier zu genießen.

Ich kann mich immer wieder für die Stadt neu begeistern: Für das Stift, die Kirche, den Weitblick, das finde ich super. Obernkirchen hat so viele tolle Eigenschaften und richtig nette Leute. Wir können Atmosphäre machen hier. An meinem perfekten freien Tag würde ich mich in den Sattel auf mein Pferd schwingen und in die schönen Bückeberge reiten.

NH: Vielen Dank für dieses freundliche Gespräch!

(Text & Fotos: Nadine Hartmann)

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