„Mehr miteinander sprechen und alle Bürger mitnehmen“: SHG-Aktuell Exklusiv-Interview mit Bückeburgs neuem Bürgermeister Axel Wohlgemuth
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(Bückeburg) Fünf Wochen ist Axel Wohlgemuth nun als neuer Bürgermeister von Bückeburg im Amt. Für SHG-Aktuell.de hat Redakteurin Nadine Hartmann mit ihm darüber gesprochen, was in den kommenden Monaten und Jahren für die Stadt wichtig wird und welche Themen die Bürger bewegen werden.

SHG-Aktuell/Nadine Hartmann: Herr Wohlgemuth, knapp vier Wochen sind Sie nun im Amt. Wie haben Sie sich im Rathaus eingelebt und wie fassen Sie die vergangenen Wochen zusammen?

Axel Wohlgemuth: Viele haben es vielleicht auch bei der Vereidigung gesehen – die vergangenen Wochen waren eine sehr emotionale Phase für mich. Ich befinde mich in bewegten Zeiten, es gab viele Abschiede – vom Arbeitgeber und den Kollegen – aber auch einen neuen Start hier im Rathaus. Die Freude überwiegt natürlich. Bürgermeister zu werden war ein großes Ziel und ein lang gehegter Traum von mir gewesen, der nun geglückt ist.

SHG: Was möchten Sie als Bürgermeister anders oder vielleicht auch besser machen als Ihr Vorgänger?

AW: Ich möchte gar nicht so sehr von ´anders´ oder ´besser machen´ sprechen. Ich möchte auf jeden Fall alle Bürger mitnehmen und dafür sorgen, dass mehr miteinander gesprochen wird und der Informationsaustausch verbessert wird.

SHG: In Ihrer Rede nach der Vereidigung sagten Sie, dass die Themen Bildung, Digitalisierung und Klima wichtig werden. Können Sie dies noch weiter konkretisieren?

AW: Wir müssen uns konkrete Ziele setzen und umdenken: Wo wollen wir mit Bückeburg in den nächsten fünf bis 20 Jahren hin? Vieles steckt derzeit noch in den Kinderschuhen. Das Klima wird ein Dauerthema werden und auch für uns einen Paradigmenwechsel einläuten. Es muss damit auch ein Umbruch in der Verwaltung und der politischen Landschaft erfolgen, dafür müssen wir langfristig denken.

SHG: Seit längerem gibt es darüber hinaus Themen, die die Bückeburger sehr bewegen und Ihnen auf verschiedene Weise Sorge bereiten. Eines davon: die geplante Bauerngut-Erweiterung. Wie ist der aktuelle Stand und wie wird es weitergehen?

AW: Derzeit kann das Bauleitverfahren nicht weiter fortgesetzt werden, weil noch nach einer Ausgleichsfläche für den Artenschutz gesucht wird. Generell gibt es positive politische Signale, sowohl aus dem Stadtrat als auch aus dem Kreistag. Wenn die Ausgleichsfläche gefunden wurde und alle nötigen Unterlagen vorliegen, wird die nächste öffentliche Auslegung erfolgen. Ziel ist es, das Bauleitverfahren in 2022 abzuschließen.

SHG: Weiteres Sorgenthema: Wie schätzen Sie die von der Deutschen Bahn am 9. November veröffentliche Karte mit den Grobkorridoren für eine Neubautrasse ein, die einen breiten möglichen Planungsverlauf mitten durch die Niederung und sogar den Truppenübungsplatz in Röcke nicht ausschließt? Wie geht die Stadt damit um?

AW: Wir haben uns stets in der Vergangenheit für einen Ausbau der Bestandsstrecke ausgesprochen. Es muss eine Lösung gefunden werden, die den geringsten Schaden verursacht und eine Zerschneidung der Landschaft verhindert. Dabei ist auch der Bestandsstreckenausbau schwierig, doch eine Neubautrasse durch die Niederung geht nicht und wird es auch nicht geben. Eine Neubautrasse am Mittellandkanal wäre auch denkbar, aber ebenfalls ein enormer Einschnitt. Die Idee ist, Interessen der betroffenen Kommunen zu bündeln und sich gemeinsam gegen die Bahn zu stellen, denn erst die Bündelung der Ressourcen bringt uns auf Augenhöhe mit der Bahn, um überhaupt etwas zu erreichen.

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SHG: Müssen bauliche Veränderungen und Neuerungen im Geschäftssektor in der Innenstadt stattfinden, um diese fit für den Wettbewerb mit dem Online-Handel und Internetplattformen zu machen?

AW: Einige Maßnahmen in diese Richtung setzen wir derzeit bereits um. So stellen wir einen City-Manager ein . Wichtig ist, bestimmte Angebotssegmente und die kleinen, inhabergeführten Geschäfte zu schützen, die den Charme der Innenstadt ausmachen und auch für ein schönes Ambiente bei Touristen sorgen. Für ein gewissen „Grundrauschen“ müssen wir die Innenstadt attraktiv halten, indem wir zum einen die Stadt optisch aufwerten und für Sicherheit, Sauberkeit und eine anständige Beleuchtung sorgen. Doch auch weitere Angebote wie Sonntagsöffnungen der Geschäfte oder die Samstagsöffnung der Bücherei sind wichtig und sorgen für Belebung. Es gibt viele Bausteine mit Verbesserungspotential, beispielsweise eine gute Ladeinfrastruktur. Der Citymanager wird diese Interessen zusammenführen und dies zum Stadtmarketing rückkoppeln. Die Innenstadt soll nicht nur reine Einkaufszone, sondern auch ein Raum mit Aufenthaltsqualität sein und dabei seine Individualität bewahren. Schönes Element wäre beispielsweise auch ein Wochenmarkt an den Nachmittagen.

Bürgermeister Axel Wohlgemuth (re.) im Gespräch mit SHG-Aktuell-Redakteurin Nadine Hartmann.

Das von der SPD beantragte Projekt shared-spaces hat einerseits auch diese Dimension, die Attraktivität zu steigern. Jedoch beißt sich das mit der Verkehrssituation, denn diese würde sich auf Ulmenallee und Herminenstraße verlagern. Ich denke mir: Mit welchem Ziel die Aufenthaltsqualität im oberen Bereich verbessern, wenn wir es unten schon nicht voll kriegen. Aber der Arbeitskreis „Perspektive Innenstadt“ ist dran am Thema und wird auch die Verkehrssituation beachten. Unter anderem rollt auch der landwirtschaftliche Verkehr durch die Lange Straße, für den könnte es an anderer Stelle schon eng werden. Eigentlich muss ein generelles Umdenken erfolgen, weg vom Auto und mehr aufs Rad für eine Verkehrswende. Doch auch da müssen wir den Radverkehr und die Sicherheit fördern, es gibt viel Nachholbedarf. Doch Mobilität geht noch weiter: Auch körperlich eingeschränkte Personen, wie beispielsweise Rollstuhlfahrer, müssen in diese Planungen involviert werden. Mobilität wird eine vielschichtige Aufgabe, die wir künftig anders begleiten wollen.

SHG: Was wird darüber hinaus wichtig für Bückeburg und seine Bürger in den kommenden 12 Monaten? Was wird die Bürger bewegen?

AW: Unter anderem wird natürlich Bauerngut Thema bleiben. Doch wie eingangs erwähnt werden wir auch die großen Themen – Digitalisierung, Bildung und Klima – aufs Kleine herunterbrechen müssen. Wir wollen mobilitätsfreundlicher werden und das Miteinander fördern. In Sachen Klimawandel müssen wir uns neu finden. Das wird viel Raum einnehmen.

SHG: Welches Ziel haben Sie sich als kurzfristiges gesetzt und was denken Sie, welches Thema wird in ihrer Amtszeit die meiste Zeit in Anspruch nehmen?

AW: Im Mobilitätsbereich haben wir mehr Handlungsspielraum und können auch schneller Erfolge erzielen. Die Digitalisierung hingegen wird eine Querschnittsaufgabe, die viele Bereiche wie die Verwaltung, Schulen und die Wirtschaftsförderung umfasst und dementsprechend auch umfangreicher in der Umsetzung wird.

SHG: Noch was Angenehmes zum Abschluss: Wie sieht für Sie ein perfekter Tag in Bückeburg aus?

AW: (nimmt sich Zeit zum Überlegen) Also morgens erstmal schön einen Kaffee trinken gemeinsam mit meiner Frau. Dann natürlich Punkt acht Uhr ins Rathaus und einem gut getakteten Terminplan folgen. Zudem eine erfolgreiche politische Sitzung mit guten Ergebnissen, die uns voranbringen. Und zum Abschluss ein schönes Bier bei Sonnenschein auf dem Marktplatz. Wenn es richtig gut läuft, habe ich beide Wege mit dem Rad zurückgelegt und bin dabei durch die Niederung gefahren. Das alles miteinander zu paaren, was ich gerne mache, ist perfekt für mich. Und wenn dann noch Zeit für meine Familie bleibt und vielleicht um den Garten in Schuss zu halten, oder an einem freien Tag ins Bergbad mit dem Rad zu fahren und anschließend zu grillen, bin ich vollkommen zufrieden.

SHG: Danke für dieses offene Gespräch.

(Das Interview führte Nadine Hartmann. Fotos: Igor Vucinic)

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