Nach Bückeburg und Stadthagen sagt auch Rinteln die Herbstmesse erneut ab
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(Rinteln) Nachdem Bückeburg und Stadthagen bereits vor einiger Zeit das Aus für ihre Herbstmärkte bekanntgegeben haben, hat jetzt auch die Stadtverwaltung in Rinteln die Herbstmesse 2021 abgesagt. Es ist das vierte Mal in Folge, dass die beliebte Innenstadtkirmes nicht stattfinden wird. Dabei war die niedersächsische Corona-Verordnung jüngst erst überarbeitet und um einen neuen Paragrafen 11b ergänzt worden, der ausschließlich Herbst- und Weihnachtsmärkte regeln soll (wir berichteten).

Das Problem liegt in der Ausgestaltung der Regelung. Bereits zuvor sorgten die Einzelheiten für Stirnrunzeln bei Bevölkerung und Schaustellern. Ein Spaziergang über den Markt soll demnach ohne Nachweis möglich sein. Der Zwischenstopp an einer Bratwurst- oder Glühweinbude ist jedoch nur mit „3G“-Nachweis erlaubt. Und wie will man die Zugänge einer Veranstaltung in einer Innenstadt mit Seitenstraßen und Gassen abriegeln oder kontrollieren? Menschen, die darin wohnen und arbeiten, von potenziellen Bratwurstessern und Spaziergängern oder Kunden der örtlichen Einzelhandelsgeschäfte unterscheiden? Ein „irrer logistischer Aufwand und bürokratisches Ungetüm“, so heißt es aus Schaustellerkreisen, sei hier auf den Weg gebracht worden. So hat auch die Stadt Rinteln angesichts dieser Paragraphen- und Regulierungsflut das Handtuch geworfen.

In den sozialen Medien stieß die Bekanntgabe erwartungsgemäß auf große Kritik und Unverständnis. Kein Wunder: Im benachbarten Bundesland NRW, nur wenige Kilometer entfernt, bereitet man Herbstmärkte – unter anderem in Detmold, Lemgo und Minden – vor. Das Corona-Virus sei dort ebenfalls vorhanden, hagelt es Schelte seitens der Kommentatoren, nur sei die Landesregierung eine andere und habe den Katalog an Regelungen anders aufgestellt. Das Maßnahmenkorsett ist dort weniger eng geschnürt und lässt Veranstaltern mehr Luft zum Atmen, berichtet ein Insider der Branche, der seinen Namen nicht im Internet lesen möchte. Nebeneffekt: Bedingt urch die Pleite und Betriebsschließungen einiger Marktbeschicker kämen inzwischen sogar Anfragen aus weiteren Bundesländern.

Einer Presseinformation zufolge zeigt man sich in der Rintelner Verwaltung „enttäuscht (…) von der neuen Corona-Verordnung, die nun auch Regelungen zur Durchführung von Herbst- und Weihnachtsmärkten aufgenommen hat.“ Man habe die Entscheidung über die Herbstmesse „ganz bewusst hinausgezögert und auf eine Lockerung durch die neue Verordnung gehofft, die seit dem 8. Oktober 2021 in Kraft trat.“

Enttäuscht von der neuen Corona-Verordnung der Landesregierung ist auch Rintelns Bürgermeister Thomas Priemer. In der Pressemeldung wird er wie folgt zitiert: „Grundsätzlich begrüßen wir, dass die Landesregierung nunmehr Regelungen zur Durchführung von Herbst- und Weihnachtsmärkten aufgenommen hat. Aus unserer Sicht schießen die Regelungen aber über das Ziel hinaus und ich habe große Bedenken im Hinblick auf die praktische Umsetzung. Zurzeit erleben wir einen echten Wettbewerbsnachteil gegenüber den Städten in NRW. Dort ist die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen in den Innenstädten mit weniger Kontrollaufwand möglich.“

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Bürgermeister Thomas Priemer: „Regelungen schießen über Ziel hinaus“

Weiter heißt es von Seiten der Stadt: „Grundsätzlich ist nun auch in Niedersachsen die Durchführung eines Herbstmarktes möglich, allerdings ist nach wie vor ein aufwendiges Hygienekonzept erforderlich. Dieses muss u. a. Maßnahmen vorsehen, die Zahl von Personen auf der Grundlage der räumlichen Kapazitäten zu begrenzen und zu steuern. Eine Besucherobergrenze gäbe es zwar nicht, die Stadt Rinteln müsste dennoch dafür Sorge tragen, dass die Besucherinnen und Besucher der Messe Abstände zu anderen Personen einhalten (1,50 m). Insbesondere bei schönem Wetter war die Messe in den vergangenen Jahren so gut besucht, dass sich teilweise Menschenmassen durch die engen Budengassen drängelten. Die Einhaltung des Mindestabstandes wäre unter diesen Bedingungen unmöglich. Das Hygienekonzept müsste weiterhin regeln, wie die für Verzehr und Fahrgeschäfte geltende 3G-Vorgabe sichergestellt werden soll. Eine Variante zur Überwachung wäre die Einzäunung des Veranstaltungsgeländes mit zentralen Ein- und Ausgängen. Eine Abriegelung der Innenstadt oder Einlassbeschränkungen in so einer Situation ist von Seiten der Stadt nicht möglich und dürfte auch mit anderen Interessen wie zum Beispiel die der Anwohner oder Ladenbesitzer nicht in Einklang zu bringen sein.

Die zweite Variante sieht vor, dass das Gelände zwar alle Personen ohne Nachweise betreten dürfen, die Bewirtungsleistungen und Leistungen von Fahrgeschäften aber nur gegenüber Personen erbracht werden dürfen, die über einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder einen Nachweis über eine negative Testung verfügen. Die Überwachung dieser Regelungen ist allerdings auf der Herbstmesse nicht praxisnah.

Letztendlich ist aus Sicht der Stadtverwaltung die Umsetzung und Kontrolle eines Hygienekonzeptes und das Einhalten der weiteren gesetzlichen Vorgaben auf der Herbstmesse nicht möglich. Auch der Niedersächsische Städtetag erachtet die Regelungen als unpraktikabel und nicht angemessen.

Die Stadt Rinteln bedauert die Entscheidung und wird sich nun auf die Planung des Adventszaubers konzentrieren. Bis dahin hofft die Stadt auf praxisnähere Anpassungen in der Corona-Verordnung.“

(pr/vu, Archivfotos)

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