„Licht und Schatten“: Polizeiliche Unfallstatistik für 2019 vorgestellt
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(Landkreis) „Licht und Schatten“ – so bilanziert der Leiter der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg Frank Kreykenbohm die Verkehrsunfallentwicklung im Landkreis Schaumburg im zurückliegenden Jahr. „Die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle ist auch im vergangenen Jahr leider wieder angestiegen. Als positiv ist demgegenüber die Entwicklung der Unfälle mit schwerem Personenschaden zu bewerten, deren Zahl sich im 10-Jahresvergleich nach wie vor auf einem Tiefstand befindet“, so der Polizeichef weiter.

„Mit Blick auf die Ursachen scheint es leider immer noch so zu sein, dass, angesichts eines zunehmend komplexer werdenden Verkehrsgeschehens, das Risiko einer Teilnahme im Straßenverkehr weiterhin deutlich unterschätzt wird. In der Folge werden unangepasste (Fahr-)Geschwindigkeiten gewählt. Erschwerend kommt hinzu, dass man sich bei der Fahrt durch Mobiltelefon und Navigationsgerät ablenken lässt und die individuelle Fahrtüchtigkeit durch den Einfluss von Alkohol und Betäubungsmitteln nicht selten beeinträchtigt ist. Im Ergebnis führen diese ungünstigen Faktoren leider dazu, dass wir durchschnittlich mittlerweile 10 Verkehrsunfälle pro Tag im LK Schaumburg aufnehmen, was eindeutig zu viel ist“, so Kreykenbohm abschließend.

Ausgewählte Unfallursachen

Der Konsum von Drogen und Alkohol durch Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführer birgt nach wie vor ein hohes Gefährdungspotenzial im Straßenverkehr. Erfreulicherweise erreichte die Zahl der Unfälle unter Alkoholeinfluss im Jahr 2019 mit 47 Unfällen den niedrigsten Wert im 10- Jahresvergleich (63 im Jahr 2018). Die höchste festgestellte Blutalkoholkonzentration betrug im Jahr 2019 3,01 Promille.

Die Anzahl der festgestellten folgenlosen Fahrten unter Drogeneinfluss stieg als Folge intensivierter Kontrollen deutlich von 87 im Vorjahr auf 115 in 2019, wohingegen die Anzahl der Unfälle unter Drogeneinfluss nur minimal angewachsen ist (acht Unfälle im Jahr 2018 zu zwölf Unfällen im Jahr 2019).

Bei den Wildunfällen gab es im Landkreis Schaumburg, nach einem spürbaren Rückgang im Jahr 2018, wieder einen Anstieg. 565 Wildunfälle wurden polizeilich aufgenommen und damit 97 mehr als im Vorjahr. Dabei muss berücksichtigt werden, dass längst nicht alle Wildunfälle der Polizei gemeldet werden.

Risikogruppen

Innerhalb der Altersgruppen der bis 14-jährigen zeigte sich 2019 ein Anstieg der Unfallfolgen. Hier erhöhte sich die Zahl der leichtverletzten (LV) Kinder von 42 auf 53; bei den Schwerverletzten (SV) stieg die Zahl von drei auf sechs. Glücklicherweise kam in 2019 kein Kind im Straßenverkehr ums Leben.

Bei den 18 – 24-jährigen erhöhte sich die Zahl der leichtverletzten Personen um sechs auf 126, während die Anzahl der schwerverletzten Personen von zwölf auf acht sank. Eine Person aus dieser Altersgruppe kam dabei bedauerlicherweise ums Leben (2018: zwei).

In der Gruppe der über 65-jährigen kam es mit Blick auf das Jahr 2018 durchweg zu einer leichten Erhöhung der Vergleichswerte (Steigerung der Leichtverletzten von 80 auf 89, Anstieg der Schwerverletzten von 13 auf 18). Gegenüber dem Vorjahr kamen zudem leider drei Personen mehr ums Leben (2019: sechs).

Ausgewählte Unfallarten

In der Motorradsaison nahm die Zahl der Unfälle mit Motorrädern entsprechend dem Landestrend (Niedersachsen 2018 = 2758 Motorradunfälle, 2019 = 2619; Rückgang um 5%) im Landkreis Schaumburg ab. Waren 2018 noch 58 Unfälle mit Krädern über 125 ccm zu verzeichnen, waren es in 2019 „lediglich“ 56 Unfälle. Bei 25 Unfällen wurden Personen leicht- und bei 12 Unfällen schwerverletzt. Ein Todesopfer war bei einem Motorradunfall zu beklagen. Die übrigen 18 Unfälle zogen glücklicherweise „nur“ Sachschäden nach sich.

Die Zahl der Fahrradunfälle blieb mit 160 fast genau auf dem Niveau des Vorjahres (2018: 161). Dabei wurden bei 117 Unfällen Personen leichtverletzt, bei 10 Unfällen schwerverletzt und bei zwei Unfällen tödlich verletzt. Bei den übrigen Unfällen entstand ausschließlich Sachschaden.

Bei den Pedelec – Unfällen sank der Anteil bei den Unfällen mit Leichtverletzten von 14 auf 10 und stieg bei den Unfällen mit Schwerverletzten von zwei auf drei. Bei zwei Unfällen entstand lediglich Sachschaden (Vorjahr: ein Unfall mit ausschließlich Sachschaden).

Mit 565 Wildunfällen wurde, nach einem deutlichen Rückgang im Jahr 2018 (468), erneut der Höchststand der vergangenen zehn Jahre überschritten.

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Die Verkehrsunfallfluchten im Landkreis Schaumburg befinden sich seit Jahren auf einem hohen Niveau und sind im Vergleich der Jahre 2018 und 2019 leicht angestiegen (von 1003 auf 1011). In 451 Fällen konnte dabei der Verursacher ermittelt werden, die Aufklärungsquote liegt für das Jahr 2019 somit bei 44,61%. Das ist eine erfreuliche Verbesserung zum Vorjahr, seinerzeit waren es 35,99%. Die Verkehrsunfallfluchten ereignen sich überwiegend auf Parkplätzen und haben in den meisten Fällen Sachschäden zur Folge. Bedenkt man dabei, dass insbesondere Verkehrsunfallfluchten mit geringem Spurenaufkommen, wie z. B. die benannten Parkplatzunfälle, nur schwer aufgeklärt werden können, kann die erreichte Aufklärungsquote als positiv bewertet werden.

Frank Kreykenbohm: „Die Verkehrsunfallfluchten und die Wildunfälle stellen mittlerweile fast 40% der Gesamtunfälle im Landkreis Schaumburg dar. Während ein Wildunfall mitunter von einem Fahrzeugführer kaum zu vermeiden ist, außer durch die Wahl einer geringeren Fahrgeschwindigkeit, verhält es sich bei den Verkehrsunfallfluchten gänzlich anders. Sich nach einem Unfall bewusst von der Unfallstelle zu entfernen, setzt einen neuen Vorsatz voraus und ist insoweit egoistisch und rücksichtslos zugleich, weil Geschädigte nicht selten mit hohen Kosten zurückbleiben. Insoweit geht mein Appell erneut an alle Verkehrsteilnehmer sich nach einem Unfall an die gesetzlichen Pflichten zu halten. Die strafrechtlichen Folgen für einen Unfallflüchtigen, der von der Polizei ermittelt wurde, sind in der Regel gravierender als der Unfallschaden selbst.“

Verkehrsunfallprävention

Die PI Nienburg/Schaumburg hat im vergangenen Jahr erneut mit verschiedenen Netzwerkpartnern wie Kommunen, Schulen, Verkehrswacht, Kreisjägerschaft, Verkehrsgesellschaft, AOK, Fahrschulen und dem Kinder- und Jugendbüro im Landkreis Schaumburg „Print 51“ vielfältige Präventionsveranstaltungen durchgeführt.

Die Angebote richteten sich zielgerichtet an die verschiedenen Altersgruppen, z.B. „Schulwegtrainings“ und die „Busschule“ an Kinder in Kindergärten und Grundschulen, während die Aktion „Fit im Auto“ speziell für lebensältere Verkehrsteilnehmerinnen und -nehmer konzipiert ist. Die Risikogruppe der jungen Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer wurde durch die Aktion „Fit ist schlau“ in den Fokus genommen.
Darüber hinaus gab es weitere Aktivitäten, die auf die Vermeidung von einzelnen Unfallarten bzw. Fehlverhaltensweisen, wie z. B. der Verkehrsunfallflucht, abzielten.

Verkehrsüberwachung

Verkehrsunfallprävention ist bekanntermaßen allein nicht ausreichend, um eine nachhaltige Verhaltensänderung bei allen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern zu erzielen. Die PI Nienburg/Schaumburg führte deshalb auch im vergangenen Jahr zahlreiche Verkehrsüberwachungsmaßnahmen durch.

So wurden im vergangenen Jahr im Zuständigkeitsbereich der PI Nienburg Schaumburg 4.858 Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt, die allein im LK Schaumburg 50 Fahrverbote von mindestens einem Monat zur Folge hatten.

Zu diesen Zahlen kommen außerdem die Messungen der kommunalen Verkehrsüberwachung des Landkreises hinzu.

Die inspektionsweit hohe Zahl von 2.032 Gurtverstößen und 1.438 Ahndungen einer unzulässigen Nutzung von Mobiltelefonen im Straßenverkehr sprechen für sich und zeigen die Notwendigkeit derartiger Kontrollen.
Im PI-weiten Vergleich mit den Vorjahreszahlen zeigte sich, dass die Verschärfung der Vorschriften mit der Erhöhung des Bußgeldes von 60 Euro auf 100 Euro für die letztgenannten Verstöße offenbar keine Auswirkungen auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer hatte.

Bei Kontrollen des Schwerlastverkehrs ist die Polizeiinspektion ebenfalls aktiv. Durch den Einsatz speziell qualifizierter Beamtinnen und Beamter und in Kooperation mit anderen Behörden konnten im Landkreis Schaumburg zahlreiche Verstöße gegen technische und Sozialvorschriften, mit z. T. sehr empfindlichen Bußgeldern, geahndet werden, teilweise wurde sogar die Weiterfahrt untersagt.
Insgesamt tragen diese Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr für alle Verkehrsteilnehmerinnen und –teilnehmer bei.

Ausblick

Auch in diesem Jahr wird die PI Nienburg/Schaumburg mit den vier Polizeikommissariaten im Landkreis Schaumburg intensiv Verkehrsprävention und Verkehrsüberwachung betreiben, um auf eine Senkung der Unfallzahlen hinzuwirken.

Die Unfallkommission für den Landkreis Schaumburg wird sich, wie in den vergangenen Jahren, zeitnah mit erkannten Unfallhäufungsstellen beschäftigen, diese begutachten und über Verbesserungsmaßnahmen beraten.
Durch die Erforschung von Unfallursachen und auch durch regelmäßige eigene Feststellungen im Rahmen von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen ist zu vermuten, dass die Zunahme von Fahrassistenzsystemen nicht nur einen Gewinn an Sicherheit im modernen Fahrzeugen bringt, sondern die Fahrerin oder den Fahrer in ihrer bzw. seiner Aufmerksamkeit mehr fordert. Kommen dann noch Ablenkungen wie z.B. das Nutzen eines Mobiltelefons ohne Freisprecheinrichtung dazu, kann es schnell zur Überforderung und damit zu einer Erhöhung der Unfallgefahr durch Ablenkung kommen.

Frank Kreykenbohm: „Vor dem Hintergrund der nicht in allen Bereichen erfreulichen Entwicklung in der Verkehrsunfallbilanz des letzten Jahres im Landkreis Schaumburg, gilt es für uns auch zukünftig, mit intensiven Kontrollmaßnahmen und adressatengerechten Präventionsaktivitäten den ungünstigen Entwicklungen im Bereich der Hauptunfallursachen entgegenwirken und die positiven zu verstetigen. Wir hoffen dabei insbesondere die Zielgruppen zu erreichen, die durch Ihr „risikofreudiges“ und fehlerhaftes Verkehrsverhalten zu den z. T. unbefriedigenden Ergebnissen beigetragen haben.“

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