Faurecia gibt schlechte Nachrichten für Standort Stadthagen bekannt / Neubau in Hannover geplant
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(Stadthagen) Automobilzulieferer Faurecia hat heute seinen Mitarbeitern die schlechten Nachrichten verkündet. Wie der NDR berichtet, baut das Unternehmen 850 Arbeitsplätze in Stadthagen ab, nur 100 Stellen in der Kleinserienfertigung sowie das Werk in Peine sind nicht betroffen. Im gleichen Atemzug kündigt Faurecia den Bau eines „hochmodernen Innovationszentrums für die Bereiche Seating und Interiors im Großraum Hannover“ für 50 Millionen Euro mit 1.000 Arbeitsplätzen ab dem Jahr 2020 an, heißt es auf den unternehmenseigenen Internetseiten.

Die Entscheidung hat auch in der Politik für Entsetzen gesorgt. Landrat Jörg Farr gab heute in einer Pressemitteilung seine Enttäuschung bekannt:

„Dem Unternehmen ist auch mit Blick auf die langjährige Standorttradition in Stadthagen von Seiten des Landkreises und der Stadt sowie des Landes jede mögliche Form der Zusammenarbeit zugesagt worden, u. a. sind über einen Zeitraum von fast 3 Jahren Fördergelder des Landes in Höhe von 3,5 Mio. € bereitgehalten worden, um ein neues und modernes Kompetenzzentrum in Stadthagen zu errichten. Hierzu hatte die Stadt Stadthagen die notwendigen Grundstücksflächen angeboten. Viele haben sich dafür persönlich eingesetzt, der damalige Wirtschaftsminister Lies, der Landtagsabgeordnete Becker, Bürgermeister Theiß und ich als Landrat.

Landkreis, Stadt und Land haben während dieses Zeitraumes immer wieder die Standortvorteile von Stadthagen hervorgehoben und das Gespräch zu Faurecia gesucht. Leider gab es von dessen Seite in der Vergangenheit keine klaren Aussagen und zwar weder gegenüber den Behörden noch gegenüber den Beschäftigten. Wurde ein Neubau in Stadthagen zunächst mit dem Hinweis auf die Dieselkrise verschoben, wurde in der Folge dann immer wieder betont, dass es keine definitiven Entscheidungen gäbe.

Es entsteht jedoch der Anschein, dass die Verlagerung von Arbeitsplätzen langfristig vorbereitet worden ist.

Ob eine derartige Informationspolitik, die das berechtigte Informationsinteresse von Beschäftigten und von regionalen Partnern ignoriert, die Identifikation und die Einsatzbereitschaft für das Unternehmen fördert, muss Faurecia selbst einschätzen. Beides wäre allerdings wichtig, wenn man in Zukunft Fachkräfte gewinnen und halten will.

Die vom Betriebsrat geäußerte Kritik am Vorgehen der Unternehmensführung kann von Seiten des Landkreises nur unterstrichen werden. Ich kann nur hoffen, dass aufgrund der räumlichen Nähe alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz behalten.

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Die Verlagerung des Kompetenzzentrums nach Hannover-Marienwerder bedeutet für die Region einen herben Rückschlag, auch wenn in den zurückliegenden 8 Jahren rund 7.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in Schaumburg geschaffen werden konnten.

Landkreis und Stadt werden weiterhin alles dafür tun, dass die Region um Stadthagen auch weiterhin eine positive wirtschaftliche Entwicklung nimmt.“

Auch der heimische Bundestagsabgeordnete Maik Beermann (CDU) machte keinen Hehl aus seiner Enttäuschung über die Entscheidung der Faurecia-Geschäftsleitung:

„Das ist ein Schlag ins Kontor für die Mitarbeiter, die Stadt Stadthagen aber auch für den Landkreis Schaumburg. Nicht nur die Mitarbeiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung sondern nun auch jene der Verwaltung, werden den Standort Stadthagen verlassen müssen. Das bedeutet für viele längere Arbeitswege und somit mehr Zeitaufwand und Zeit ist kostbar – gerade für Familien. Aber auch die Gewerbesteuereinnahmen für Stadthagen werden sich deutlich nach unten verändern.“

Beermann, der den Kontakt zur Geschäftsführung und zum Betriebsrat gesucht hatte, um seine Hilfe anzubieten und auch mit dem Wirtschaftsministerium in Kontakt war, zeigt sich enttäuscht von dem Ergebnis, welches heute auf der Mitarbeiterversammlung verkündet wurde: „Aus Sicht des Landes bleibt alles beim Alten solange das Unternehmen nicht aus Niedersachsen abwandert. Aus meiner Sicht als direkt gewählter Vertreter Schaumburgs ist das Ergebnis jedoch schlecht. Da war leider kein produktives Herankommen. Bei einigen Unternehmen dieser Größe herrscht eine andere Firmenkultur, als bei unserem Mittelstand und den heimischen familiengeführten Betrieben.“ Beermann befürchtet, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch der Produktionsstandort mit etwa 80 übrigen Mitarbeitern verlagert wird: „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass man sich die Frage stellen muss, warum Faurecia ausgereicht am Standort Stadthagen die sogenannte Standortfrage gestellt hat? Bekommt man keine ausreichenden Facharbeiter oder Ingenieure? Ist der Standort nicht mehr attraktiv? Hat es irgendetwas mit der Verkehrsanbindung zu tun? Oder ist es tatsächlich der Konsolidierung geschuldet und man hat einen Standort zwischen Peine und Stadthagen gesucht, damit man es für die Mitarbeiter einigermaßen erträglich macht, ihren Arbeitsplatz zu erreichen?“

Als Wermutstropfen bewertet Beermann die Beschäftigungsgarantie und die Zusage, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben soll: „Ich wünsche hier dem Betriebsrat ein gutes Gelingen bei der schriftlichen Einforderung der Beschäftigungssicherung. Wenigstens können die Beschäftigen damit ihre Arbeitsplätze behalten.“

Die heimische Bundestagsabgeordnete Marja-Liisa Völlers (SPD) schickt ebenfalls ein Statement aus Berlin: „Nach der heutigen Mitarbeiterversammlung bestätigt sich das, was leider schon länger zu befürchten war. Der Stadthäger Faurecia Standort wird verlagert. Es sollen wohl nur 80 Stellen erhalten bleiben. Die Frage ist an dieser Stelle auch, wie lange die noch bei uns bleiben. Laut Betriebsratschef Bittner soll es für alle eine Beschäftigungsgarantie geben. Betriebsbedingte Kündigungen wurden auch ausgeschlossen – allerdings bislang nur mündlich. Dazu braucht es unbedingt eine schriftliche Zusage der Faurecia-Geschäftsleitung. Das ist ein bitterer Tag heute. Ich stehe solidarisch an der Seite der Beschäftigten und ihrer Familien und bin im Austausch mit der IG Metall.“

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